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Vergütung: Private Wachleute schützen Polizei – zu Dumpingpreisen

Eine private Firma zahlt seinen Mitarbeitern keinen Mindestlohn, weil das Gesetz es nicht fordert.

Seit Januar übernehmen Mitarbeiter einer privaten Firma Pförtnerdienste bei rund 30 Gebäuden der Berliner Polizei. Dafür erhalten diese nicht einmal den Mindestlohn –, sondern 5,25 Euro je Stunde. Mehr Geld dürften sie allerdings nach derzeit geltender Rechtslage auch gar nicht bekommen: Das verhindern die Vergaberichtlinien des Senats.

Weil das alte Gesetz noch gilt und das neue noch nicht verabschiedet ist, gibt es nun Diskussionen um diesen Auftrag. Denn bereits im Februar soll das Abgeordnetenhaus beschließen, dass bei keinem öffentlichen Auftrag weniger als Mindestlohn bezahlt wird – und das sind 7,50 Euro je Stunde. Die Polizei wollte aber nicht warten mit der Vergabe dieses Auftrages. Und der gilt für zwei Jahre.

Für das Budget der Polizei sind die alten Bestimmungen ein Segen. Denn noch gilt: Wer das günstigste Angebot macht, der erhält bei entsprechenden Qualifikationen den Zuschlag. Lohndumping verhindert allenfalls das Tariftreuegesetz des Landes: Das verlangt, dass kein Auftragnehmer öffentlicher Aufgaben seinen Mitarbeitern weniger bezahlt, als die in dieser Branche üblichen 5,25 Euro.

Die Prügel für die jedenfalls streitbare Entscheidung steckte die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) ein. Diese verwaltet die Polizeiliegenschaften. Der BIM zufolge hatte die Polizei sie darum gebeten, die Pförtnerdienste auszuschreiben. Bei der BIM fühlt man sich deshalb zu Unrecht angegriffen: „Wir durften den Auftrag doch gar nicht anders vergeben als nach den derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen“, sagt BIM-Chef Sven Lemiss.

Die Richtlinien im öffentlichen Vergaberecht sähen vor, dass der günstigste Anbieter den Zuschlag erhält, wenn dieser zugleich über die erforderliche Kompetenz verfüge. Dies sei im Falle der ausgewählten Firma B.I.G der Fall. Diese verfüge über Erfahrungen mit der Bewachung öffentlicher Gebäude: Die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe zähle zu ihren „Kunden“.

Außerdem habe die Firma die vom Land verlangte „Tariftreueerklärung“ unterschrieben. Damit verpflichtet sich das Unternehmen, den in der Branche vereinbarten Tariflohn zu bezahlen. Die BIM habe zudem überprüft, ob die angebotene Auftragssumme reiche, um Tariflöhne zu zahlen.

Der Polizei zufolge „stand schon lange fest“, dass die privaten Pförtner am 1. Januar anfangen sollten, so Sprecher Bernhard Schodrowski. Man habe die dort eingesetzten eigenen Mitarbeiter für andere Aufgaben abziehen wollen. Die Leistungen waren jedoch erst am 19. Oktober ausgeschrieben und am 13. Dezember vergeben wurden.

Die Sprecherin von Arbeitssenator Harald Wolf (Linke) bestätigte: „Diese Vergabe-Entscheidung basiert auf noch geltendem Tarifrecht“, so Brigitte Schmidt. Wolf werde in der nächsten Senatssitzung am kommenden Dienstag seine Kollegen bitten zu überprüfen, ob öffentliche Aufträge erst dann vergeben werden, wenn das neue Gesetz alle Gremien durchlaufen hat. Nach Einschätzung des Senators könne dies allenfalls bis Ende Februar dauern. Derzeit wird das neue Gesetz, keine landeseigenen Aufträge unter Mindestlohn zu vergeben, vom Rat der Bürgermeister geprüft. Anschließend müssen noch die Mitglieder des Abgeordnetenhauses darüber abstimmen.

Zumindest die Berliner Immobilienmanagement-Gesellschaft erklärte auf Anfrage, dass sie vor Einführung des neuen Gesetzes keine neuen Aufträge mehr in Branchen vergeben werde, die auf den Mindestlohn eingeschworen werden sollen. Vergaben wie diese sind bei Berliner Behörden keine Seltenheit. Auch der Postdienstleister Pin AG übernimmt die Auslieferung von Behördenpost – und hat bisher keinen Mindestlohn gezahlt. Die bestehenden Verträge können auch bei einer Gesetzesänderung nicht vorzeitig aufgelöst werden. ball

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