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Nach der Straßenverkehrsordnung darf der Lenker eines Kraftfahrzeugs sein Gesicht nicht verhüllen oder verdecken.

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Update

Verhüllungsverbot am Steuer bleibt bestehen: Berliner Gericht verbietet Gesichtsschleier beim Autofahren

Eine Muslimin möchte verschleiert Auto fahren. Die Berliner Behörden verwehren ihr dies. Nun hat das Verwaltungsgericht das Verbot bestätigt: Am Steuer darf kein Nikab getragen werden.

Stand:

Eine Muslimin erhält keine Ausnahmegenehmigung dafür, mit Gesichtsschleier Auto zu fahren. Die zuständige Straßenverkehrsbehörde habe diese der 33-Jährigen zu Recht verwehrt, entschied das Verwaltungsgericht Berlin. Wer Auto fahre, müsse erkennbar sein, begründeten die Richter unter anderem. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Az.: VG 11 K 61/24)

Die 33-Jährige berief sich vor Gericht auf ihre religiöse Überzeugung und wollte eine Erlaubnis für das Tragen eines Nikab erreichen, bei dem das Gesicht mit Ausnahme eines Sehschlitzes bedeckt ist. Die Mutter von drei Kindern sieht sich in ihren Grundrechten verletzt. Sie wolle selbst entscheiden, wer etwas von ihr zu sehen bekomme, argumentiert die Deutsche unter anderem. Sie ist nach eigenen Angaben 2016 zum muslimischen Glauben konvertiert.

Richterin überzeugt sich von Identität der Klägerin

Die Vorsitzende Richterin Heike Grigoleit hatte angeordnet, dass die Klägerin selbst zur mündlichen Verhandlung erscheint. Zu Prozessbeginn ging die Richterin mit der 33-Jährigen in einen Nebenraum, um zu überprüfen, ob es sich bei der verschleierten Frau um die Klägerin handelt.

Nach der Straßenverkehrsordnung darf der Lenker eines Kraftfahrzeugs sein Gesicht nicht verhüllen oder verdecken. Er muss erkennbar bleiben. Die Straßenverkehrsbehörde kann jedoch in Ausnahmefällen davon absehen.

Berlin erteilt keine Ausnahmegenehmigung

Nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung ist in Berlin bislang keine Ausnahmegenehmigung erteilt worden. Nach Kenntnis der Verwaltung ist dies auch in anderen Bundesländern bislang nicht der Fall. Laut Klägeranwalt Benjamin Kirschbaum soll es jedoch einen Fall in Schleswig-Holstein geben.

Als Argumente für eine Ausnahmegenehmigung führten der Jurist und seine Mandantin unter anderem an, zur Identifizierung reiche die Augenpartie der Autofahrerin aus. Die Klägerin sei auch bereit, ein Fahrtenbuch zu führen. Das Gericht argumentierte dagegen, dass ein Fahrtenbuch nicht ausreichend sei, um die Identifikation zu gewährleisten, weil diese Auflage lediglich gegenüber dem Fahrzeughalter, nicht aber der Fahrerin auferlegt werden kann.

Den Vorschlag der Klägerin, einen QR-Code am Nikab anzubringen, lehnte das Gericht ebenfalls ab. Der Kammer zufolge sei damit beim Blitzen lediglich der Nikab zu identifizieren, nicht aber die Trägerin des Nikabs.

Mangelnde Identifikationsmöglichkeit als schlagendes Argument

Dem Gericht zufolge spreche gegen ein mögliches Tragen eines Nikabs drei Argumente: erstens die möglicherweise eingeschränkte Rundumsicht. Zweitens die fehlende Möglichkeit zur nonverbalen Kommunikation. Und drittens eine mangelnde Identifikationsmöglichkeit der Fahrerin. Nach Ansicht des Gerichts sei allein Letzteres zur Ablehnung der Klage ausreichend.

Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann eine Zulassung auf Berufung beantragen. Daraufhin kann der Fall vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg neu diskutiert werden. Nach Angaben des Anwalts der Klägerin sei diese über das Urteil „enttäuscht“, werde sich allerdings zukünftig „gesetzestreu verhalten“.

Bei dem Fall handelt es sich um die Prüfung einer Ausnahmeregelung eines Einzelfalls. Es gebe also keinen Automatismus für andere Nikab-Trägerinnen, diese müssten weiter im Einzelfall geprüft werden, sagte Gerichtssprecherin Dr. Kathleen Wolter.

Der Berliner Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Stephan Weh sagte zum Urteil: „Das Verwaltungsgericht hat die einzig richtige Entscheidung getroffen und klargestellt, dass Religion in einem säkularisierten Staat keine Gesetze schreibt. Wenn unser Rechtsstaat zulassen würde, dass Menschen sich verschleiert hinter das Steuer setzen können, würde eine Büchse der Pandora geöffnet, deren Schaden wir nicht mehr einfangen könnte. Dabei geht es sowohl um die Eigengefährdung als auch den Freifahrtschein, dass die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten nahezu unmöglich wäre.“ (sk/dpa)

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