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Berlin: Verleger Klaus G. Saur

Er ist relativ neu in Berlin und voller Begeisterung für diese „faszinierende Stadt“ – die eigentlich keine Verlagsstadt sei. Beim Erzählen genießt er sichtbar den guten Bordeaux und das Reh.

Er ist relativ neu in Berlin und voller Begeisterung für diese „faszinierende Stadt“ – die eigentlich keine Verlagsstadt sei. Beim Erzählen genießt er sichtbar den guten Bordeaux und das Reh. Erst denkt man, der höfliche Mensch mit dem silbernen Haarkranz, dem etwas ungeduldig herrischen Blick und der dunkelblauen Wollweste lebe stark in der Vergangenheit. Sein Vater hatte die Rüstungsindustrie im Dritten Reich organisiert, immer im Wettstreit mit Speer um Hitlers Gunst und war sogar fünf Tage, im Mai 1945, Rüstungsminister. Bei den Nürnberger Prozessen ist er mit einer Strafe von 400 Mark davongekommen, weil er als Kronzeuge gegen Krupp aufgetreten war. Klar hat eine solche Familiengeschichte ihn und seine vier Geschwister mit geformt.

Aber die eigentliche Wurzel für die intensive Beschäftigung mit früher liegt in der ungewöhnlichen verlegerischen Vita dieses Mannes, der gerne erwähnt, ohne Abitur und Studium ausgekommen zu sein. Heute hat er zwei Professuren (Humboldt-Universität und Glasgow), vier Ehrendoktoren und mehrere Senatsstühle. Mit seinem eigenen Verlag hat er umfassende Handbücher zu fast allen Themen der Welt und in vielen Ländern mit Weitblick, Mut und finanziellem Erfolg herausgegeben. Zum Beispiel das „Verzeichnis aller lieferbarer Bücher“ – heute in der 71. Ausgabe – den „World Guide to Libraries“, das „Biografische Weltarchiv“ von 1600 bis heute, von dem bisher 580 Exemplare für je 18 000 Euro abgesetzt wurden. Im „Marburger Index“ beschreibt er auf 200 000 Seiten 1,5 Millionen Bilder von Anbeginn bis heute. 25 Redakteure haben zwölf Jahre daran gearbeitet.

Gelernt hat der Absolvent der höheren Handelsschule das Geschäft in dem kleinen Verlag seines Vaters nach dem Krieg, der zunächst ganz ordentlich gelaufen war – bis dann der Konkurs drohte. Der K.G. Saur Verlag des Sohnes dagegen war so ein Bombenerfolg, dass er ihn 1987 für 14 Millionen Dollar an Reed verkaufen konnte. Auch danach hat er die Geschicke weiter aktiv mitbestimmt. Bis 2002 – damals war man über die Strategie uneins.

Nun hat er den renommierten Berliner de Gruyter Verlag „am Bein“: Eine stolze Geschichte (Verleger von Schiller, Kant, Kleist), eine Vielzahl von Gesellschaftern, aber rote Zahlen. Das gilt es zu ändern. Er sieht den Verlag „auf einem guten Weg“. 120 Leute in Berlin, acht in New York, ein Umsatz von 85 Millionen Euro und schwarze Zahlen vor Augen.

Politisch stand er den Liberalen nahe, hat in Pullach 1973 mal den FDP-Ortsverein gegründet und später die Partei wieder verlassen. Privat lebt der Neu-Berliner und „optimale Opa“ von acht Enkelkindern – mit seiner zweiten Frau in einem großen Haus in München und einer kleinen Wohnung am Lützowplatz. In der Hauptstadt wird man von dem „großen Netzwerker“ und Verleger des Weltwissens sicherlich noch viel sehen, hören und lesen.

Heik Afheldt war Herausgeber des Tagesspiegels.

Klaus G. Saur (64)

ist Verleger, Professor und mehrfacher

Ehrendoktor.

Vorsitzender der

Geschäftsführung

Walter de Gruyter GmbH & Co. KG

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