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Berlin: Volle Breitseite Ben

Der Berliner Popsänger ist für den Echo nominiert. Und ein Teenieschwarm. Trotzdem wäre er lieber Homöopath

Ben ist aufgeregt. Sagt er. Allerdings sieht er ganz schön entspannt aus: Mütze, wie immer, blasses Gesicht, in der einen Hand eine Dose Nescafé, in der anderen eine Dose Flying Horse. Ein gemütlicher Pullover. „Wenn ich ehrlich sein soll, bin ich vor einer halben Stunde erst aufgestanden“, sagt er. Es ist Mittag, und Ben hängt im Bürostuhl seiner Plattenfirma wie ein Schluck Wasser. Heute Abend ist die Echo-Gala im ICC. Ben soll sie mit einem Mini-Konzert eröffnen. Er ist für vier Preise in den Kategorien „Rock Pop Single National“, „Nationaler Radio-Nachwuchspreis“ und „Newcomer National“ nominiert, soll auch noch eine Laudatio halten für die Kategorie „Nationaler Video Clip“. Da hätte er die Chance, seinem großen Vorbild die Hand zu schütteln – unter anderem wurde Xavier Naidoo für den Preis vorgeschlagen. Aber Naidoo ist Mannheimer. Ben dagegen ist waschechter Zehlendorfer und dazu seit letztem Frühjahr einer der erfolgreichsten deutschen Nachwuchsstars. Obendrein finden ihn die Mädchen toll.

Noch vor gar nicht allzu langer Zeit war Ben Kellner, im gesundheitsbewussten Café Anneliese in Zehlendorf-Mitte. Das war die Zeit, als Ben sich mangels Geld „nur von Kartoffeln“ ernährt hat. Das Café Anneliese, wo ab und zu Vorträge gehalten werden über die heilsame Wirkung des Aloe-Vera-Saftes, ist für Ben Berlin, aber auch der Tierpark und die Straße des 17. Juni. Essen scheint für den passionierten Mützenträger („Wenn ich nicht erkannt werden will, setze ich die Mütze ab“) ein großes Thema zu sein: „Kurz nach dem Aufwachen habe ich schon vor Augen, was ich später essen will“, sagt er. Heute früh hat Ben von einem Topf mit in Honig und Butter geschwenkten Mohrrüben geträumt: „Ein bisschen Salbei dazu – voll die Abfahrt.“ Sein Tipp für den akuten Hunger zwischendurch: die Currywurstbude „Zur Bratpfanne“ in der Schlossstraße.

Ben, der von sich sagt, er lebe, um zu arbeiten, managt sich selbst. „Ich habe keine Lust, mir von irgend jemandem reinreden zu lassen“, sagt er. „Die zwanzig Prozent, die ich einem Manager zahlen müsste, gebe ich lieber meiner Familie.“ Allerdings – wenn andere nach seinem Auftritt feiern, muss Ben noch 200 Mails beantworten. Ganz schön professionell für einen 21-Jährigen. So wie sein Engagement für den „Red Nose Day“, ein Charity-Projekt, bei dem auch Nena mitmacht. Und da fängt Ben an zu schwärmen. „Nena leuchtet“, meint er. „Sie sieht Hammer aus, ich find’ sie ultrageil.“ Merkwürdige Worte für jemanden, der eher für seine transzendentalen Texte bekannt ist. „Gesegnet seist du“ heißt seine aktuelle Single. Und warum? „Weil man nicht immer ultra, hammer, mega, geil sagen kann. Manche Dinge sind eben gesegnet. Das ist dann das Größte.“ Für Ben war ein Surfurlaub am Meer das Größte. Als er am Strand lag und ein Freund ihn anrief und fragte, wie denn der Urlaub sei, antwortete der Zehlendorfer: „Gesegnet.“ Und der Freund sagte: „Mach doch ein Lied drüber.“

Wenn Ben sich aussuchen könnte, was er mit seinem Leben machen will, würde er sich nicht für Popstar, Schauspieler und Model entscheiden. „Nö“, sagt er. „Irgendwann schon bald möchte ich meinen Traum verwirklichen und Homöopath werden.“ Ben nur noch in homöopathischen Dosen? Das wird nicht so schnell passieren. Heute Abend gibt es ihn erstmal volle Breitseite. Und ein Mittelchen gegen Lampenfieber? Das hat er noch nicht entdeckt.

Esther Kogelboom

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