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Berlin: Von guten Geistern besessen

Das Hansa-Theater öffnet am Sonnabend wieder. Sein neuer Chef will sich damit einen Traum erfüllen. Prominente wie Sissy Perlinger helfen dabei

Alt-Moabit wird neu: Kneipen und Restaurants öffnen rund um das Hansa-Theater, und aus dem Innenhof der längst totgesagten Bühne dringt fröhliches Lachen. Am Sonnabend öffnet das Haus wieder mit einem Fest, nächste Woche ist Premiere für das erste Stück nach langer Schließung. „Moabit lebt!“ lautet das denn auch das Motto des neuen Hansa-Theaters. „Seit wir uns hier angesiedelt haben, lebt die Straße förmlich auf“, freut sich Christian Alexander Schnell, der künstlerische Leiter. Im März noch war er auf der Suche nach dem passenden Ort für die Verwirklichung seines Traum: ein eigenes und festes Theater.

Schnell arbeitete als Intendant in Halberstadt, Dinkelsbühl und Dinslaken, bis es ihn wieder zurück in die Heimat zog. Im Juni unterschrieben er und sein Geschäftspartner Sven-Eric Archut den Pachtvertrag für das Hansa-Theater, und seitdem wächst sein Schlafdefizit genauso wie seine Freude. „Ich bezeichne mich selbst als Berufsoptimisten und Idealisten“, sagt er und fügt hinzu, dass man hin und wieder auch bereit sein müsse, sich selbst auszubeuten.

Sein Einsatz hat sich gelohnt: Bekannte Namen wie Sissy Perlinger, Maria Mallé oder Heinz Behrens konnte der gebürtige Berliner für Daniel Calls Theaterstück „Von allen guten Geistern verlassen“ gewinnen. „Eigentlich war es nicht schwer“, gesteht Schnell. Nachdem die Schauspieler das Skript gelesen hatten, brauchte es nur noch eine Führung durch den charmanten Alt-Berliner Theatersaal, um sie zu überzeugen.

Vom „wunderschönen Schmuckstück“ schwärmt seitdem Sissy Perlinger. Sie wird eine der Hauptrollen in dem Stück spielen, das sich auf amüsante, aber auch tiefgreifende Weise mit dem altbekannten Mutter-Tochter-Konflikt befasst. „Ich habe es selbst mit 40 Jahren noch nicht geschafft gegen meine Mutter anzukommen“, gesteht die Schauspielerin. So konnte sie viel Persönliches mit in die Rolle einbringen. Vor allem die ständigen Schuldzuweisungen zwischen Mutter und Tochter seien von Daniel Call „ganz toll“ beschrieben. Die Kabarettistin wird im Hansa-Theater seit langer Zeit wieder einmal mit einem gesamten Ensemble auf der Bühne stehen. Das Stück habe sie überzeugt, einen Ausflug aus ihren Soloprojekten zu wagen, sagt Sissy Perlinger.

Schauspiel-Kollegin Maria Mallé bezeichnet ihren Charakter im Stück als „Bombenrolle“ und ist von dem Theater und der positiven Stimmung im gesamten Moabiter Viertel ebenfalls überwältigt. „Die Anwohner hier haben eine ganz enge und persönliche Beziehung zu ihrem Stadttheater“, sagt sie. Damit das auch so bleibt, gewährt Schnell den Moabitern 30 Prozent Nachlass auf die Eintrittspreise – den Personalausweis also nicht vergessen. Aber er hofft natürlich auf ein Gesamtberliner Publikum. Mit ausschließlich Welt- und Deutschlandpremieren möchte er an den alten Ruhm des Hansa-Volkstheaters anknüpfen. „Volkstheater ist es dann, wenn das ganze Volk ins Theater geht“, sagt er und beantwortet damit die Frage nach dem künstlerischen Konzept. Er wolle anspruchsvolle Unterhaltung bieten, die sowohl dem Berliner Publikum als auch Besuchern der Hauptstadt gefalle.

Von Musical-Erstaufführungen über adaptierte Filmklassiker bis hin zu Komödien – Christian Alexander Schnell hat noch einiges vor mit dem Theater. In finanziell schweren Zeiten, in denen er nicht auf staatliche Subventionen hoffen kann, beurteilen viele sein Projekt als überaus gewagt. Christian Alexander Schnell freut sich jedoch darauf zu beweisen, dass er bei weitem nicht von allen guten Geistern verlassen ist.

Der Start in die neue Saison wird am morgigen Sonnabend ab 15 Uhr mit einem Sommerfest gefeiert. Auch Sissy Perlinger und einige ihrer Schauspieler-Kollegen werden anwesend sein. Die ersten 450 Gäste können gratis um 15.30 Uhr das Bühnenprogramm sehen. Außerdem gibt’s für sie Freibier.

Vivien Leue

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