Berlin: Vor der Abrechnung
Im Bankenprozess gegen Landowsky und zwölf weitere Ex-Manager der Berlin Hyp fällt das Urteil
Der 79. Tag soll die Entscheidung bringen. Dann werden wieder Kameras und Mikrofone auf die Herren aus der Vorstandsetage warten, dann wird es wieder Gedränge geben und eine Sicherheitsschleuse vor dem Saal 700 des Moabiter Kriminalgerichts. Die Spannung ist groß, denn Klaus Landowsky und weiteren zwölf Angeklagten drohen Freiheitsstrafen. Der Ausgang ist offen. Am Mittwoch ab 13 Uhr will die zuständige Wirtschaftsstrafkammer ihr Urteil verkünden.
Keinesfalls gelassen, aber zuversichtlich wirkten die ehemaligen Spitzenmanager der Berlin Hyp, als die Verhandlung vor knapp 20 Monaten begann. Landowsky hatte bereits einen Sieg in der Tasche, denn der Versuch, ihn in der Sache zivilrechtlich zu belangen, war vor dem Kammergericht gescheitert. „Es wird gut ausgehen – mit einem Freispruch“, erklärte er zu Beginn des Strafprozesses. An Gefängnis dachte kaum jemand – bis Oberstaatsanwältin Vera Junker am Ende ihres 170 Seiten umfassenden Plädoyers ihre für Wirtschaftsstrafverfahren ungewöhnlich hohen Strafanträge stellte.
Neun der 13 Angeklagten – sechs ehemalige Bankvorstände, sechs frühere Aufsichtsräte und ein Abteilungsleiter – sollen nach dem Willen der Staatsanwaltschaft hinter Gitter, gegen die weiteren Ex-Spitzenmanager verlangte Junker Bewährungsstrafen und Geldauflagen. Für Landowsky, ehemaliger Vorstandschef der Berlin Hyp und früherer Fraktionsvorsitzender der Berliner CDU, wurden drei Jahre Haft gefordert.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft haben sie sich der schweren Untreue schuldig gemacht. Die 13 ehemaligen Manager sollen dafür verantwortlich sein, dass dem Immobilienunternehmen Aubis über 235 Millionen Euro unzureichend gesicherter Kredite überwiesen wurden. Die Angeklagten hätten dabei bewusst „unvertretbare Risiken“ in Kauf genommen, „gravierend gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen“ und dadurch das Vermögen der Bank gefährdet, so Junker.
Die von den früheren CDU-Politikern Christian Neuling und Klaus-Hermann Wienhold geführte Aubis-Gruppe hatte mit Hilfe der Berlin Hyp, einer Tochter der damaligen Bankgesellschaft, in den 90er Jahren Plattenbauten in Ostdeutschland gekauft. Der Angeklagte Landowsky nannte es eine Kreditentscheidung zugunsten des „Aufbaus Ost“. Man habe für die Bank ein lukratives Geschäft erhofft.
Für die Anklage aber war es ein Kreditengagement, das gegen gesetzliche Vorschriften verstieß. Die Bonität der Aubis-Manager sei nicht ausreichend geprüft worden. Den Berlin-Hyp-Managern hätten zudem gravierende Mängel in den Bewertungsunterlagen der beliehenen Plattenbauobjekte auffallen müssen. Als die Aubis-Kredite problematischer wurden, habe man Fehlentscheidungen deckeln wollen, sagte die Anklägerin. Nur langsam löste sich nach dem Plädoyer von Junker die Fassungslosigkeit auf der Anklagebank. Dann kam, was die Verteidigerriege bereits zu Beginn des Prozesses erklärte: „Politisch motiviert.“ Die Anklage habe „fast krampfhaft an einer rechtsirrigen Meinung“ festgehalten.
Kerstin Gehrke