zum Hauptinhalt
Mit einem schwarzen Opel hatte der Iraker Sarmad A. auf der A100 gezielt drei Motorradfahrer gerammt.

© Paul Zinken/dpa

„Wahnhaft religiöse und islamistische Motive“: Prozess nach Anschlag auf Berliner Stadtautobahn beginnt

Sarmad A. soll mit seinem Auto gezielt Jagd auf Motorradfahrer gemacht haben. Mehrere Menschen wurden verletzt. Ab Donnerstag steht er vor Gericht.

Er wollte Menschen töten und nutzte dazu sein Auto. Davon sind die Ermittler im Fall des Irakers Sarmad A. überzeugt. Auf der Stadtautobahn soll der 30-Jährige Jagd auf Motorradfahrer gemacht und mit seinem dunklen Opel Astra zahlreiche Fahrzeuge gerammt haben.

Mehrere Menschen wurden verletzt, darunter drei Motorradfahrer schwer. Acht Monate nach der Tat, die als mutmaßlich islamistischer Anschlag eingestuft wurde, steht A. ab Donnerstag vor dem Landgericht.

Es ist ein sogenanntes Sicherungsverfahren, denn A. gilt als psychisch krank. Der Iraker soll sich „aus wahnhaft religiösen und islamistisch geprägten Motiven“ entschlossen haben, zufällige Personen zu töten. Angst und Schrecken habe er verbreiten wollen. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord in drei Fällen, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, Sachbeschädigung vor.

Die Amokfahrt am 18. August 2020 begann gegen 18.35 Uhr. Sarmad A. soll am Dreieck Funkturm einen ersten Wagen touchiert haben. Er habe Gas gegeben und dann in Höhe Anschlussstelle Detmolder Straße in Tötungsabsicht ein Motorrad gerammt. Der Fahrer wurde schwer verletzt.

Zwei Kollisionsmanöver erfolgten kurz darauf – erneut soll A. auf der A100 von hinten auf Motorräder aufgefahren sein oder sie abgedrängt haben. Zwei weitere Fahrer wurden schwer verletzt. Zudem seien Menschen durch Trümmer verletzt worden.

Sarmad A. drohte mit Sprengstoff und rollte einen Gebetsteppich aus

An der Abfahrt Alboinstraße in Tempelhof soll A. schließlich sein beschädigtes Auto verlassen haben. Er soll eine Munitionskiste auf das Dach des Wagens gestellt und gedroht haben, dass „alle sterben“ werden, wenn sich ihm Polizisten näherten. Er habe „Allahu akbar“ gerufen, einen Gebetsteppich auf der Fahrbahn ausgerollt und sich darauf niedergelassen.

Ein Polizist, der Arabisch spricht und mit als erster am Tatort war, konnte den Mann vom Auto wegziehen und festnehmen. Die Munitionskiste wurde von Experten mit einem Wassergewehr aufgeschossen. Der Inhalt erwies sich als harmlos. Ein Sprengstoffverdacht erhärtete sich nicht.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Wenige Stunden vor den Taten hatte sich A. auf Facebook in einem roten Shirt und mit dem Opel gezeigt, mit dem er dann Motorradfahrer gerammt habe. Daneben soll er religiöse Sprüche gepostet haben und auch das Wort „Märtyrer“. Eine Ankündigung einer Amokfahrt? In der islamistischen Terrorszene werden Selbstmordattentäter als „Märtyrer“ glorifiziert. Wollte er möglicherweise sterben?

Dieses Bild postete Sarmad A. auf Facebook. Mit diesem Auto rammte er später mehrere Motorradfahrer auf der A100.
Dieses Bild postete Sarmad A. auf Facebook. Mit diesem Auto rammte er später mehrere Motorradfahrer auf der A100.

© Facebook/Sarmad A.

Eine Gutachterin diagnostizierte bei A. nach den Taten einen „religiösen Wahn“. Ein Haftrichter ordnete deshalb die vorläufige Unterbringung des Mannes im sogenannten Maßregelvollzug an.

Sarmad A. wurde Angaben zufolge in Bagdad geboren. 2015 floh er aus einem Heimatland. Über die Türkei, Griechenland, Finnland und Schweden soll er nach Deutschland gekommen sein. Sein Asylantrag sei abgelehnt worden, hieß es.

Er habe eine Duldung erhalten. Bis Oktober 2019 lebte A. in Treptow-Köpenick in einer Flüchtlingsunterkunft. Dort fiel er im Sommer 2018 mit einer Körperverletzung auf. Das Verfahren endete mit einem Freispruch wegen „phasenweiser Schuldunfähigkeit“.

Er soll sich radikalisiert haben – möglicherweise in der Flüchtlingsunterkunft. Dort habe A. zu einem als islamistischer Gefährder eingestuften Mann Kontakt unterhalten, hieß es aus Sicherheitskreisen. Zuletzt lebte der Iraker in einem Mehrfamilienhaus in Reinickendorf.

13 Einzeltaten werden ihm nun vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft strebt die Unterbringung von A. in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die drei verletzten Motorradfahrer – darunter ein Feuerwehrmann, der an Kopf und Wirbelsäule schwer verletzt wurde – sind im Nebenkläger. 30 Verhandlungstage bis Ende September sind geplant.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false