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Blick auf das Olympiastadion

© dpa/Michael Kappeler

Was Berliner zu einer Olympia-Bewerbung sagen: „Berlin wächst doch immer an seinen Aufgaben, oder?“

Deutschland bewirbt sich mit verschiedenen Städten als Gastgeber der olympischen Spiele. In einem Bürgerentscheid zeigen die Münchner sich enthusiastisch. Warum zögern die Berliner? Hier ihre Antworten.

Von Nadia Jusufbegović

Stand:

Vier deutsche Regionen konkurrieren um die Olympia-Bewerbung: Berlin, Hamburg, München und die Region Rhein-Ruhr. Frühstens 2036 könnte eine davon Gastgeber der Olympischen Spiele werden.

Die Münchner zeigen sich in ihrem Bürgerentscheid hoch motiviert: Rund 66 Prozent der Teilnehmenden stimmten dafür, die olympischen Spiele zu sich nach München zu holen.

In Berlin herrscht hingegen nach wie vor Uneinigkeit, was die Olympia-Bewerbung angeht. Wir haben Berliner gefragt, was sie darüber denken.

Olympia? Bitte so schnell wie möglich!

Steve K. ist 40 Jahre alt und arbeitet als IT-Recruiter. Er ist auf dem Weg zu einem Bürgeramtstermin, hat eigentlich keine Zeit. Es geht um die olympischen Spiele? Das Thema ist ihm so wichtig, dass er sich dennoch zwei Minuten Zeit nehme, sagt er.

Steve K. (40) steht auf der Schlossstraße. Er arbeitet als IT-Recruiter und findet: Würde Olympia in Berlin stattfinden, wäre das eine große Bereicherung.

© Nadia Jusufbegovic

„Olympia nach Berlin zu holen ist total geschichtsträchtig und wichtig für uns Berliner: Wir müssen uns international platzieren und zeigen“, sagt er. Was er sich langfristig davon verspricht? „Das ist ein schönes politisches Statement, finde ich.“ Er habe selbst lange Leichtathletik gemacht und finde es nicht gut, dass selbst manche Profisportler kaum genug Geld damit verdienen würden. Wenn es nach ihm ginge, könnten die olympischen Spiele gleich 2036 stattfinden. Am besten so schnell wie möglich.

Bettina, 56 Jahre alt, ist zögerlicher. Sie ist gerade auf dem Walther-Schreiber-Platz unterwegs. Einerseits könne sie sich vorstellen, dass die Spiele den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und einiger Sportstätten vorantreibe. Wenn sie sich entscheiden müsste, hätte die Juristin eine leichte Tendenz für die Bewerbung Berlins als Austragungsort, sagt sie, stellt aber klar: „Ich habe vollstes Verständnis dafür, wenn Menschen, denen es nicht gut geht, das Geld lieber in andere Bereiche investiert sähen.“

Bettina ist 56 Jahre alt und wohnt in Berlin-Steglitz. Sie hält die aktuell diskutierte Bewerbung Berlins auf Olympia im Kern für eine gute Idee, äußert aber auch Bedenken.

© Nadia Jusufbegovic

Wie sich herausstellt, sieht sie darin den eigentlichen Kern des Problems begründet. „Die Stimmung ist bei den allermeisten nicht gut.“ Das liege zum einen an der wirtschaftlichen Lage der Menschen, zum anderen aber auch an der politisch aufgeladenen Stimmung, sagt Bettina.

„In München wurde bisher einfach mehr Stimmung gemacht, den Berlinern fehlt dieses Wir-Gefühl noch.“ Vielleicht brauche Berlin aber auch einfach noch ein bisschen mehr Zeit, um sich mit der Idee anzufreunden, sagt sie.

Und tatsächlich: Viele der Passanten in Steglitz wollen lieber nicht über Olympia in Berlin sprechen – weil sie, wie sie sagen, keine Meinung zu dem Thema haben.

Die 19-jährige Mareike ist gerade auf dem Weg in das „Boulevard Berlin“. Berlins Bewerbung als Austragungsort der Olympischen Spiele? „Das ist mir um ehrlich zu sein ziemlich egal“, sagt sie. Sie wohne in Reinickendorf, da bekomme man ohnehin nie etwas aus der Innenstadt mit. Sie verstehe nicht, wie man eine so emotionale Debatte über etwas führen könne, das noch so weit in der Zukunft läge.

Investitionen müssen auch ohne Olympia möglich sein

Thore Gottschalk ist 23 Jahre alt und studiert Kunstgeschichte. Er hält Berlins mögliche Bewerbung für Olympia für keine gute Idee und findet, die Hauptstadt sollte auch ohne so ein Großereignis Geld für Investitionen losmachen.

© Nadia Jusufbegovic

Thore Gottschalk antwortet auf die Frage nach Berlins Olympia-Bewerbung mit „Nein“. Der 23-Jährige studiert Kunstgeschichte in Dahlem. Er stellt sich gerade mit seinem Fahrrad vor dem strömenden Regen auf dem Fußweg der Schlossstraße unter.

Das hier sei einfach nicht sie richtige Stadt für so ein Event, sagt er. „München kann sich die Olympischen Spiele vielleicht leisten, aber Berlin? Ich glaube nicht.“ Der junge Student hat den Eindruck, dass das ganze eher als Prestige-Projekt vermarktet würde. „Da wird Infrastruktur für Olympia gebaut, aber nicht für die Leute, die hier wohnen.“

Grundsätzlich finde er es sinnlos, in der Politik lange darüber zu diskutieren, in welche Bereiche durch die Olympischen Spiele investiert werden könne. Stattdessen solle das Land Berlin endlich mal auf die Idee kommen, auch ohne Olympia in die eigene Stadt und die eigenen Leute zu investieren. „Bezahlbarer Wohnraum, bessere Forschung, eine stabile Sozialpolitik – da sollte das Geld reinfließen“, sagt er.

„Berlin steht sich in der Verwaltung zu oft selbst im Weg“

Dominik, 63 Jahre alt, ist gebürtiger Franzose, wohnt aber seit 40 Jahren in Berlin-Steglitz. Er ist mit seinem Freund Mario unterwegs. Mario ist 53 Jahre alt, wohnt seit 30 Jahren in Berlin-Charlottenburg. Die beiden sind unterschiedlicher Meinung, was Berlins Bewerbung auf die Olympischen Spiele angeht.

Dominik fürchtet, dass die olympischen Spiele für viel Chaos sorgen könnten und die Berliner verdrängen. Er möchte die Olympischen Spiele auf keinen Fall in seiner Stadt sehen. Mario unterbricht ihn nickend.

Er sei besorgt darüber, ob Berlin überhaupt in der Lage sei, so etwas angemessen zu organisieren. „Berlin steht sich in der Verwaltung zu oft selbst im Weg.“ Bei seiner Erwähnung des Flughafen BER lachen die beiden. Wenn Berlin nicht mal das schaffe, wie sollen dann Olympische Spiele möglich sein, fragt Mario.

Auch unter einer möglichen AfD-geleiteten Regierung in zehn Jahren würde er sich hier keine Olympischen Spiele wünschen. Doch klammere man diese Faktoren aus, finde er die Vorstellung der Spiele in Berlin schön. „Berlin wächst doch immer an seinen Aufgaben, oder?“

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