Berlin: Weltstadt und Sündenbabel
Neues Buch über „HitlersBerlin“vorgestellt
Ganz am Anfang, 1917, schwärmte er: „Die Stadt ist großartig. So eine richtige Weltstadt“. Sechs Jahre später spricht er schon vom Sündenbabel, und 1933, als ihm viele Berliner zujubeln, sieht er in der Reichshauptstadt „eine systemlose Aneinanderreihung von Wohn und Geschäftshäusern“. Das sollte sich ändern. Seine Idee war die „Welthauptstadt Germania“. Die traurige Wahrheit sah am Ende ganz anders aus: Durch seine Politik ist Berlin zwölf Jahre nach Adolf Hitlers triumphalen Einzug in die Reichskanzlei ein großer Trümmerhaufen.
„Hitlers Berlin“ nennt Sven Felix Kellerhoff sein Buch, das gestern von Ulrich Hopp, dem Chef vom be.bra-Verlag, beziehungsreich im einstigen Reichsluftfahrtministerium, dem heutigen Bundesministerium der Finanzen, präsentiert wurde. Der fleißige Autor quälte sich durch „Völkische Beobachter“-Jahresbände, Goebbels-Tagebücher, las „Mein Kampf“ und viele andere Dokumente und kommt schließlich zu dem Schluss, dass Berlin für den „Führer“ wichtiger war als von Historikern bislang angenommen. Die dachten eher an München, die „Wolfsschanze“ oder an den Obersalzberg, wo sich Hitler oft aufhielt. Am längsten aber weilte er in Berlin. „Der Diktator war sich immer im Klaren darüber, dass er nur im Kampf um und zugleich gegen Berlin die Macht über Deutschland erringen kann“, sagt der Autor – ein höchst ambivalentes Verhältnis also von Anfang an, schließlich eine Art Hassliebe. Hitler meinte im Juli 1941 in privater Tischrunde, wenn Berlin im Krieg zerstört würde, wäre das leider auch heute „noch kein Verlust“. Drei Monate später notierte der Stenograf einen anderen nächtlichen Monolog: „Berlin habe ich immer gern gehabt, und wenn es mich kümmert, daß vieles da nicht schön ist, so nur, weil die Stadt mir etwas bedeutet.“ Solche Beliebigkeit sei typisch gewesen für den Mann, der zunächst nur in (später ausgebombten) Hotels wie dem „Sanssouci“ am Potsdamer Platz oder dem „Kaiserhof“ am Wilhelmplatz wohnte, ehe er ins Reichskanzlerpalais Wilhelmstraße 77/78 zog. Das Buch ist eine politische Bilanz, aber auch ein faktenreicher Zeit-Spiegel hauptstädtischer Lokalhistorie. Lo.
„Hitlers Berlin“ aus dem be.bra-Verlag, 220 S., 19,90 Euro.
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