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Berlin: Wenn der Kitsch zum Kult geworden ist

Ein paar Gläschen Sekt würde er vielleicht trinken. Ein bisschen plaudern.

Ein paar Gläschen Sekt würde er vielleicht trinken. Ein bisschen plaudern. Und wenn der Abend rund läuft, dann wäre auch ein Flirt möglich. Aber Ulf Sommer streicht den letzten Punkt.

Denn es ist 1990, Februar; nicht die Jahreszeit, in der sich die Emotionen verwirren. Ulf Sommer ist unterwegs zur Party einer Freundin. Ein paar Stunden später weiß er, dass man sein Schicksal nicht immer in der Hand hat. Zumindest nicht, wenn unter den Partygästen Peter Plate hockt. Der denkt sich nämlich nur „Wow!“, als er Ulf sieht. Auf jeden Fall eines dieser Wörter, die im Gehirn wie ein Signal aufglühen, um einen rapiden Wechsel im Gefühlshaushalt anzuzeigen. Ein paar Tage später sind sie zusammen: Ulf, der Schauspielschüler, und Peter, der gelegentlich bei Star-Friseur Udo Walz aushilft.

„Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagen sie. Schön und gut. Aber wer konnte ahnen, dass sie sich jetzt vor dem Standesamt Charlottenburg gegenüberstehen, zwölf Jahre später – Peter, 34, und Ulf, 31– , dass sie um die Wette strahlen und Peter die Worte für so einen Moment findet, nämlich: „Menschen, die sich gut fühlen, sehen gut aus, so einfach ist das." Ein Freund des Paares schwärmt vom „tiefen Vertrauen“, das beide verbinde: „Die wissen, wo sie hingehören".

Man fängt also besser gar nicht erst an, hier das Haar in der Suppe zu suchen. Es ist nämlich so, dass Ulf Sommer und Peter Plate wohl das Wunschpaar für jeden Pfarrer sind, der von den Eheleuten ganz selbstverständlich ewige Treue „bis dass der Tod euch scheidet“ erwartet. Denn die beiden meinen es ernst: „Für uns ist die Ehe ein gegenseitiges Zeichen der Liebe". Ein Versprechen für die Ewigkeit, große Gefühle: Darauf haben Herr Plate und Herr Sommer immerhin ihr ganzes Leben aufgebaut – und dabei offenkundig nicht allzu viel falsch gemacht.

Nach dem Kennenlernen vertrödeln sie nicht viel Zeit: holen die Sängerin Anna R. ins Boot und gründen die Gruppe Rosenstolz. Die Rollen sind klar: Auf der Bühne Anna und Peter, hinter den Kulissen Ulf als Co-Texter und Co-Produzent. In den Texten machen sie ganz bewusst den Kitsch zum Konzept der künftigen Kultband.

Dann will er Ulf heiraten. „Ich warte nach wie vor darauf, dass mein Freund mich fragt." Ulf fragt ihn in Barcelona, wo sie jedes Jahr Urlaub machen. Und vielleicht haben sie dann zusammen „Ja, ich will“ gesungen, denn für die großen Momente ist ein Rosenstolz-Song noch immer gut. Frank Thadeusz

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