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Marc-Phillip Schneider hat ein Jahr lang für seine erste Audiotour recherchiert.

© Kai-Uwe Heinrich

Stadtspaziergang "Wandelguides": Zeitreise mit den Ohren

Marc-Phillip Schneider produziert Audioguides für Geschichtsspaziergänge durch Berlin.

Einfach Kopfhörer auf und loswandeln – das ist das Konzept des "Wandelguides". Für mich geht es heute am Spreeufer im Nikolaiviertel los und von da aus weiter in Richtung Alex, vorbei an Molkenmarkt und Klosterruine, anschließend durch den Lustgarten bis zur Fischerinsel. Während ich zu Fuß die Stadt erkunde, wird mir über Kopfhörer erzählt, was genau ich gerade sehe. Oder was ich gesehen hätte, wenn ich ein paar Jahrhunderte vorher dort gewesen wäre. Dazwischen kommen Experten zu Wort, es erklingen atmosphärische Geräusche oder Musik – die Gegenwart ist plötzlich ganz weit weg.

"Man hat die Hände frei", sagt Marc-Phillip Schneider, Autor und Sprecher des Wandelguides "Das alte Zentrum (Berlin im Wandel)". "Man muss nicht auf den Plan gucken, kann sich umschauen, mal auf Pause drücken und stehen bleiben..." Der schmale 30-Jährige lehnt sich zurück und nippt an seinem Cappuccino. In seinem Dokuguide nennt er sich Phil Osof, das ist sein Künstlername, weil er in die Tiefe geht und nicht nur an der Oberfläche kratzt. An "Berlin im Wandel", seinem ersten Guide, hat er ein ganzes Jahr lang gearbeitet.

Bibliothekare und Archäologen halfen bei der Recherche

"Ursprünglich waren es fünf Stunden", sagt Schneider. Um den Hörer und dessen Füße nicht allzu sehr zu strapazieren, hat er beim Schnitt kräftig gekürzt. Er selbst hat bei der Recherche viel gelernt, bekam Unterstützung von motivierten Bibliothekaren und Archäologen, darunter auch von Berlins Chefarchäologin Karin Wagner. Ihre Expertise half Schneider, für sein Berlin-Porträt bis ins 13. Jahrhundert zurückzugehen.

Schneider zeichnet auf jeder Reise Geräusche auf

Dass er ganz vorne beginnen würde, war dem ehemaligen Moderator der Deutschen Welle von Anfang an klar. Führungen über die neuere Berlin-Geschichte gebe es genug. Im Juli soll der zweite Teil seines Projekts "Berlin im Wandel" zum Preußischen Berlin erscheinen, und irgendwann später vielleicht noch ein Blick in die Zukunft.

Seine Wohnung in Wedding verlässt Schneider allerdings nicht nur für Spaziergänge durch Berlin. Er verreist auch gerne, zuletzt nach Japan, Finnland und Portugal. Auch dabei zeichnet er Geräusche auf – wer weiß, vielleicht werden auch daraus mal Audioguides. Seine Heimat aber, sagt der gebürtige Bonner, der in Oldenburg Japanologie studiert hat, sei Berlin. "Ich kehre einfach immer wieder hierher zurück."

Milena Reinecke

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