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Der frühere Chef des Berliner Verfassungsschutzes, Bernd Palenda.

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Update

Zeugen wollen nicht aussagen: Amri-Untersuchungsausschuss beantragt Ordnungsgelder

Im Amri-Untersuchungsausschuss verweigerten wichtige Zeugen die Aussagen. Nun will der Vorsitzende erreichen, dass sie deshalb bis zu 10.000 Euro zahlen müssen.

Von Sabine Beikler

Wichtige Zeugen des Landeskriminalamtes verweigerten im April umfassend ihre Aussage vor dem Amri-Untersuchungsausschuss. Am Freitag erklärte der Vorsitzende des Ausschusses, Stephan Lenz (CDU), dass man die Verhängung eines Ordnungsgeld vor dem Landgericht beantragen werde. Dieses kann bis zu 10.000 Euro betragen. Darauf hatte sich der Untersuchungsausschuss verständigt.

Der Beamte L., der als Zeuge gehört werden sollte, war Hauptsachbearbeiter für Anis Amri vor dessen Terroranschlag am Breitscheidplatz. Er soll Akten manipuliert haben. Der zweite Zeuge war sein Vorgesetzter O. Beide beriefen sich auf ein Aussageverweigerungsrecht, das nun vor dem Landgericht geprüft wird.

Früherer Berliner Verfassungsschutzchef sagte am Freitagvormittag aus

Auch wenn der frühere Chef des Berliner Verfassungsschutzes, Bernd Palenda, eine „sehr eingeschränkte Aussagegenehmigung“ erhalten hatte, wie sehr sagte, war er als sachverständiger Zeuge doch recht auskunftsfreudig. Er beschrieb die damalige politische Situation in Berlin als eine „vielschichtige Gesamtsituation: 840 Salafisten gab es 2015 und 2016 in Berlin, dazu kam eine „starke Zahl“ von Flüchtlingen. „Es war eine Situation, bei der es schwierig war, alles immer im Blick zu haben“, sagte Palenda. „Sie können nicht 840 Personen in der Stadt unter Kontrolle haben.“ Eine ständige Observation über Monate sei nicht möglich.

Der islamistische Terrorismus sei damals nicht das einzige Thema von zentraler Bedeutung gewesen. Auch Rechtsextremisten, die Anschläge gegen Flüchtlinge planten, seien im Fokus des Verfassungsschutzes gewesen. Palenda betonte, dass der Anschlag von Anis Amri auf dem Breitscheidplatz kein „Solitäranschlag“ gewesen sei. Es habe schon zuvor in Hannover, Ansbach oder Würzburg Angriffe mit „niedrigschwelligen Mitteln“ gegeben. Ab 2015 sei der Verfolgungsdruck gegenüber Islamisten in Europa stark gestiegen. Große Anschläge hätten meist verhindert werden können. „Eine Garantie gibt es nicht, dass des keine Anschläge gibt.“

Amri zunächst im Fokus des LKA

Die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden sei stark reglementiert. Der Verfassungsschutz habe die Aufgabe, die Öffentlichkeit über Gefahren zu unterrichten. Aber es sei nicht Aufgabe, diese Gefahren zu verhindern. „Dafür ist die Polizei zuständig.“ Es gebe ja das Gebot der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches. Palenda ist seit dem ersten Halbjahr 2018 nicht mehr Chef des Verfassungsschutzes. Er bat um seine Versetzung und ist heute in der Senatskanzlei tätig.

Der Ausschussvorsitzende sagte nach der Zeugenvernehmung, dass der Verfassungsschutz in 2016 eine hohe Belastungssituation gehabt habe. Er fühlte sich nicht zuständig für Amri, der zunächst vom LKA observiert wurde. SPD-Politiker Frank Zimmermann unterstrich dies auch und sagte, der Verfassungsschutz habe keine Erkenntnisse über ein Netzwerk um Amri gehabt.

Politiker der Linken sieht Fehler bei Verfassungsschutz

Für Linkspolitiker Niklas Schrader dagegen hat der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem nicht funktioniert. Wenn der Verfassungsschutz doch schon die Radikalisierung der inzwischen verbotenen Fussilet-Moschee beobachtet habe, hätte man auch das Augenmerk auf Amri, der den Salafisten-Treffpunkt regelmäßig besuchte, legen müssen. Grünen-Politiker Benedikt Lux ergänzte, man hätte die Ressourcen, die für die Beobachtung der Fussilet-Moschee verantwortlich waren, besser nutzen können.

„Das ist ein Versäumnis.“ Der AfD-Abgeodnete Karsten Woldeit und FDP-Politiker Stefan Förster wiesen beide auf das erhebliche Personalproblem beim Verfassungsschutz hin. Am späten Freitagnachmittag wollte der Ausschuss noch einen Beamten des Bundesamtes für Verfassungsschutz hören.

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