Berlin: Zufriedenheitsmauer: Wessis klagen, Ossis geht es gut
BERLIN .Die meisten Menschen im Ostteil der Stadt glauben, daß sich ihre Lebensqualität seit dem Mauerfall verbessert hat.
BERLIN .Die meisten Menschen im Ostteil der Stadt glauben, daß sich ihre Lebensqualität seit dem Mauerfall verbessert hat.73 Prozent sind dieser Meinung, stellte das Emnid-Institut im Auftrag des Senats fest.Das sind 21 Prozent mehr als vor zwei Jahren.Die Zahl derer, die eine Wende zum Besseren verspüren, ist in Hellersdorf (96 Prozent), Hohenschönhausen (79 Prozent) und Lichtenberg (77 Prozent) besonders hoch.Ganz anders im Westteil der Stadt: Dort glauben nur 40 Prozent der Einwohner, daß sie heute besser leben als 1989.
In Wedding (14 Prozent), Neukölln (28 Prozent) und Kreuzberg (31 Prozent) ist die Stimmung besonders mies, aber selbst in Zehlendorf verspüren nur 38 Prozent eine Verbesserung der Lebensqualität seit der Wende.CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky fühlt sich durch die Emnid-Umfrage die gestern veröffentlicht wurde, bestätigt."Ich habe schon immer gesagt, daß wir uns nach der Aufbauarbeit im Osten wieder stärker den strukturschwachen Gebieten in der gesamten Stadt zuwenden müssen, dazu brauche ich keine Demoskopie." In manchen Westbezirken sähen sich die Menschen als die "Verlierer der letzten zehn Jahre" und fühlten sich von der Politik im Stich gelassen."Da muß ich nur durch Neukölln laufen und mit den Leuten sprechen, dann weiß ich das."
Der Ex-Bundestagsabgeordnete und frühere Jugendsenator Thomas Krüger, der in Prenzlauer Berg lebt, hat für die hohe Zufriedenheit mit der Entwicklung im Osten zwei Erklärungen: In Prenzlauer Berg, Mitte oder Pankow siedelten sich immer mehr junge, unternehmungslustige Leute an, die von außerhalb oder vom Stadtrand in die City kämen."An der Schönhauser Allee kann ich jede Woche fünf bis sechs Umzüge beobachten."
Und in den Plattenbaubezirken machten sich die enormen Sanierungsanstrengungen der letzten Jahre positiv bemerkbar.Die Wohnquartiere seien intakt, die Infrastruktur sei verbessert worden.SPD-Chef Klaus Böger weist auf die Sozial- und Einkommensstatistik hin.Danach zählen Hellersdorf, Marzahn, Hohenschönhausen und Pankow längst zu den besser gestellten Bezirken.Im Westteil hingegen sei der "Druck der Veränderungen" für viele Menschen schmerzhaft spürbar geworden.
Sehr skeptisch wird von den Berlinern die wirtschaftliche Lage der Stadt empfunden.Laut Emnid-Umfrage beurteilen nur 13 Prozent die Situation als gut oder sehr gut.90 Prozent der Befragten halten die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit für die wichtigste politische Aufgabe, gefolgt vom Schutz der Jugendlichen vor Drogen, dem Schutz der Demokratie vor Radikalen (jeweils 68 Prozent) und der Stärkung der Wirtschaftskraft (67 Prozent).Die Fusion von Berlin und Brandenburg, die 1995 scheiterte, wird zwar von 63 Prozent der Berliner befürwortet, steht auf der Prioritätenliste aber nur auf Platz 17.
Zwischen Hoffen und Bangen erwarten die Berliner den Umzug von Bundesparlament und -regierung.78 Prozent erhoffen sich eine günstige Entwicklung hin zur internationalen Metropole; eine Mehrheit befürchtet aber auch ungünstige Auswirkungen; zum Beispiel auf die Verkehrssituation und die Mieten.Recht zufrieden sind die Berliner inzwischen mit dem Kulturangebot in der Stadt; die Durchschnittsnote 2,4 wurde vergeben.
Sonntagsfrage: Die CDU liegt mit 36 Prozent deutlich vorn
SPD kommt nur auf 31 Prozent / Diepgen rangiert vor Momper
BERLIN (za).Wenn am nächsten Sonntag Abgeordnetenhaus-Wahlen wären, käme die CDU auf 36 Prozent und die SPD auf 31 Prozent der Stimmen.Dieses Kräfteverhältnis spiegelt sich auch in der Zufriedenheit mit den Spitzenkandidaten beider Regierungsparteien wider: Eberhard Diepgen (CDU) liegt der Emnid-Umfrage zufolge deutlich vor Walter Momper (SPD).Die PDS wäre mit 13 Prozent drittstärkste Kraft in Berlin, die Grünen müßten mit 10 Prozent und die FDP mit 3 Prozent vorliebnehmen.Parteien am rechten Rand des politischen Spektrums hätten laut Umfrage keine Chance, ins Landesparlament einzuziehen.
Für die CDU sind 36 Prozent, im Vergleich zu früheren Emnid-Umfragen, das beste Ergebnis seit 1996.Die SPD hat nach einem Stimmungshoch im November 1998 (36 Prozent) ordentlich Federn gelassen und sich gegenüber Umfragen anderer Institute im Februar/März - in denen sie unter 30 Prozent rutschte - nur geringfügig erholt.Die 10 Prozent der Grünen sind der schlechteste Emnid-Wert seit 1994, aber auch die PDS stand (17 Prozent im April 1997) schon wesentlich besser da.
Das Wählerverhalten der Erst- und Jungwähler weicht deutlich vom Durchschnitt ab: Bei den 18- bis 24jährigen (33 Prozent) und den 25- bis 29jährigen (39 Prozent) hat die SPD die Nase vorn; die CDU kommt in diesen Altersgruppen auf 26 bzw.21 Prozent, die Grünen auf 8 bzw.11 Prozent.Bei den 30- bis 44jährigen kehrt sich der Trend schon um.Die SPD erreicht nur noch 25 Prozent, die CDU 32 Prozent, die Grünen sogar 20 Prozent.Ein knappes halbes Jahr vor der Parlamentswahl wissen allerdings erst 48 Prozent der Berliner sicher, welche Partei sie wählen werden.