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Berlin: Zwei Fans vor dem Hotel, tausende in der Halle

Oasis spielten in der Treptower Arena. Davor ließen sie sich aber nicht blicken. Und danach?

Beinahe war es ein Wiedersehen mit alten Bekannten: Zum dritten Mal innerhalb eines Jahres spielten am Mittwochabend die Britpopper von Oasis in Berlin. Und da es das letzte Konzert auf ihrer Tour war, durfte spekuliert werden: Nehmen sich die Männer um die Gebrüder Gallagher dieses Mal Zeit, um Berlin kennen zu lernen? (Für ausgiebigiges Sightseeing sind die Herren allerdings nicht berühmt.) Besuchen sie die After-Show-Party im Karrera-Klub in Mitte? Oder gehen sie die paar Schritte von der Treptower Arena, wo das Konzert war, hinüber zum Partydampfer „Hoppetosse“? Hier gab es ebenfalls eine Oasis-Fete. Am Ende versacken die Band-Mitglieder noch an der Hotelbar des „Four Seasons“?! Im Luxus-Hotel hatten sie Quartier bezogen.

Bernd zuckt auf alle Fragen mit den Achseln. Er trägt eine Mütze und empfängt die Gäste vorm „Four Seasons“ am Gendarmenmarkt. Aber ob die Band Oasis, die am Mittwoch ein Konzert in Berlin gab, hier im Hotel einquartiert ist, weiß er angeblich nicht. „Wir geben keine Informationen heraus“, sagt er. Vielleicht ist deswegen so wenig los. Lediglich zwei Endzwanziger, die ihre Namen nicht nennen wollen, warten ab 13 Uhr auf die Band. „Da kommen schon noch ein paar“, sagt der Größere von beiden. Bernd glaubt das nicht: „Nicht mal bei der Berlinale war hier ein Auflauf.“ Kann die Berliner etwa nichts mehr beeindrucken? Bernd mit der Mütze tut das, was er auch tut, wenn man ihn nach Oasis fragt. „Das liegt vor allem an der Gegend“, sagt Mario. Er ist 22, aus Köpenick und seit ein paar Minuten hier – Fan Nummer drei. „Fans sind meist Studenten, der Gendarmenmarkt ist für die total abgelegen.“ Und die anderen müssen arbeiten um diese Zeit, sagt der Größere. Mario ist echter Oasis-Fan, das sagt seine Jeansjacke sofort. Ein großes „O“ auf dem Ärmel, darunter klemmen zwei Platten, ein Stift guckt aus der Jackentasche. „Ich will ein Autogramm von Noel Gallagher“, sagt er. Dessen Bruder Liam hat er schon mal erwischt, total besoffen vorm „Four Seasons“. Fast umgekippt wäre der, als er ein Autogramm geben wollte. „Nachts um vier war das und arschkalt, aber es hat sich gelohnt.“ Fan sein ist hart.

Zu hart für den Kleineren? Nach einer Dreiviertelstunde hat er genug und lässt seinen Kumpanen allein. Also wieder zu zweit vorm Hotel. Ist das wirklich alles? In Hamburg würden jetzt 200 Leute dastehen und die Lieder der Band singen, sagt Mario. „Aber in Berlin passiert gar nichts, das ist doch Kacke.“ Wahrscheinlich eine Mentalitätsfrage. Er zittert, es ist kalt geworden. Mario geht ins Foyer, um sich aufzuwärmen. Als Oasis voriges Mal in Berlin waren, hat er sich nach oben geschlichen und vier englische Zeitungen vor den Türen gesehen. Geklopft hat er nicht, „das ist zu aufdringlich. Ich bin kein Fan, der Ärger macht“. Das sieht Bernd anders, der plötzlich vor ihm steht. „Können Sie bitte draußen warten?“, fragt er. Fan sein ist hart.

Zu hart für den Größeren? Nach anderthalb Stunden gibt er auf und verschwindet. Mario harrt aus. Er geht ins Hotel, versteckt die Platten und bestellt einen Cappuccino und eine Cola. Jetzt ist er Gast und kann drinnen warten. Macht 8 Euro 50. Fan sein ist teuer.

Dann kommt die schlechte Nachricht per Handy: Oasis sollen mit einem Tourbus unterwegs sein. „Die schlafen doch nicht im Bus!“, sagt Mario verzweifelt. Er hat Recht: Um drei kommt Liam, nur Noel lässt sich nicht blicken. Längst steht Mario wieder draußen in der Kälte. „Bis um fünf warte ich noch“, sagt er. Fan sein ist hart. Aber Hoffen ist schön.

Christian Hönicke

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