
© T. Zydatiss / T. Zydatiss
Carl Bechstein Stiftung: Herantasten beflügelt
Die Carl Bechstein Stiftung verfügt über eine hochkarätige Sammlung historischer Tasteninstrumente. In einer neuen Konzertreihe sind sie nun zu hören.
Stand:
Hier wird Musikgeschichte lebendig: Hinter den roten Backsteinmauern am Brunsbütteler Damm 136a erklingen am 9. Dezember Klaviere, die fast 200 Jahre alt sind. Einst war hier die „Kaisers Kaffeefabrik“ untergebracht, seit kurzem aber nutzt die Carl Bechstein Stiftung einen Saal im Hochparterre, um ihre Sammlung historischer Flügel aufzubewahren. Und die bieten sowohl etwas fürs Auge wie fürs Ohr. Höchste Handwerkskunst ist da zu bestaunen, edel sind die Materialien, elegant die Verzierungen, die ganze Vielfalt des Cembalo- und Klavierbaus vergangener Jahrhunderte präsentiert sich in exquisiten Exponaten.
Zum Start einer neuen Konzertreihe werden in der Spandau Industriekultur-Location jetzt ein Hammerflügel von 1838 der französischen Traditionsmarke Erard sowie weitere Instrumente aus der Zeit der Wiener Klassik erklingen. Direkt neben der Halle mit den Piano-Pretiosen hat die Bechstein Stiftung nämlich einen 200-Plätze-Konzertsaal einrichten lassen, der mit seinen alten Sprossenfenstern eine angenehme Retro-Optik bietet und dank des neuen Parkettbodens den Interpret:innen dennoch gute akustische Bedingungen bietet.
Instrumente aus der Zeit Mozarts und Chopins
Hubert Rutkowski, Professor an der Hamburger Musikhochschule, hat Robert Schumanns „Kinderszenen“ ausgewählt, komponiert im Baujahr des Erard-Flügels 1838, sowie von Frédéric Chopin das Nocturne fis-Moll, zwei Mazurken und das Fantasie-Impromptu Opus 66. Der zweite Interpret des Abends ist Rutkowskis Meisterschüler Tomasz Ritter, der 2018 den ersten Chopin-Wettbewerb auf historischen Tasteninstrumenten in Warschau gewonnen hat. Er beginnt mit der fantastischen C-Moll-Fantasie von Mozart und schlägt den Bogen dann über Beethovens Andante Favori F-Dur bis zur A-Moll Sonate von Franz Schubert, die der jung verstorbene Komponist 1822 geschrieben hat.

© Carl-Bechstein-Stiftung
Vor dem Konzert wird eine Führung durch die Instrumentensammlung angeboten, zu dem man sich unter der Mailadresse info@carl-bechstein-stiftung.de anmelden kann. Die Konzerttickets kosten 15, ermäßigt 10 Euro. Zur Sammlung der 2012 gegründeten gemeinnützigen Bechstein Stiftung gehören zwei Dutzend Konzertflügel aus dem 19. Jahrhundert, außerdem diverse Tafelklaviere, bei denen die Saiten nicht senkrecht, sondern waagerecht gespannt sind, sowie Harfenklaviere, die aussehen wie Flügel, deren Resonanzböden man im rechten Winkel nach oben geklappt hat.
Eigentlich ist die 1853 in Berlin gegründete Bechstein AG auf den Neubau von edlen Klavieren und Flügeln spezialisiert und betreibt eigene Ladengeschäfte. Ihren Berliner Showroom hat die Firma in Charlottenburg, im ehemaligen Stilwerk in der Kantstraße, das jetzt „Living Berlin“ heißt. Die Carl-Bechstein-Stiftung wurde gegründet, um die Lust am Klavierspiel zu fördern, besonders bei Kindern und Jugendlichen. Darum vergibt sie Instrumente an Grundschulen, veranstaltet einen Nachwuchs-Klavierwettbewerb und verleiht Stipendien zur Begabtenförderung.
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