„Die Spuren sind der Weg“: Ralf Schnell und Gerd Doege im Dialog von Text und Bild

Was dieser großformatige Band enthält, dafür haben schon die beiden, die ihn im Dialog von Text und Bild gestaltet haben, viele Bezeichnungen: Kuriositäten und Reflexionen, Ereignisse und Begegnungen, Gedankensplitter und Impressionen. Tatsächlich lassen sich die 33 Miniaturessays, die den Germanisten Ralf Schnell und den Kalligraphen Gerd Doege in „Die Spuren sind der Weg“ erneut zusammenführen, auf keinen einfachen Nenner bringen.

Verbunden sind sie aber durch eine geistige Weite, die sich in der ideengeschichtlichen Vogelschau wie im Blick auf das Detail gleichermaßen zeigt. Jean-Luc Godards letzter Film „Bildbuch“ dient ihnen ebenso als Gegenstand der Betrachtung wie die Poesie von Ernst Jandl und Friederike Mayröcker oder die Musik von Richard Strauss‘ „Metamorphosen“. Zusätzliche Offenheit gewinnen sie durch ihr Bewusstsein für kulturell anders geprägte Perspektiven. Insbesondere Japan, wo Schnell viele Jahre gelebt und gelehrt hat, stellt hier Kategorien zur Verfügung.

Das Persönliche und das Politische begegnen sich besonders eindrücklich in einem Text über den Tod des Vaters. Der zur Trauer unfähige Sohn erzählt, wie er sich von einem intellektuell korrumpierten Mann, der in Japan einst offenbar NS-Interessen vertrat, schon vor einer halben Ewigkeit verabschiedet hatte.

Ansonsten gilt: Keine Erinnerung an den Religionsphilosophen Klaus Heinrich oder andere ohne latente Aktualität. Wie Schnell eine von SDS-Störern fast verhinderte Vorlesung von Theodor W. Adorno zu Goethes „Iphigenie“ im Berliner Henry-Ford-Bau 1967 aufleben lässt, lädt dazu ein, die selbstgerechte Aggression der Protestierenden mit heutigen Aktionen zu vergleichen. (dotz)