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Herzerweichend. Mit diesem Augenaufschlag kriegen Hunde ihre Besitzer immer rum.

© imago/photocase

Die Sparkolumne: Das treue, teure Tier

Unser Kolumnist ist wieder 25 Euro ärmer. Wie sein Hund ihn austrickste.

Von Andreas Austilat

Der Hund, er hat mich ausgetrickst. Ich habe es nicht gleich bemerkt, allerdings schon länger geahnt, dass es sich bei ihm um ein ziemlich berechnendes Wesen handelt. Diese Woche nun kam die wissenschaftliche Bestätigung, sie stand in dieser Zeitung. Hunde sind in der Lage, ihr Herrchen zu manipulieren. Über unzählige Generationen hinweg haben sie sich einen Gesichtsmuskel antrainiert, mit dem sie diesen ganz besonderen Blick aufsetzen, der vor allem eines besagt: Ich bin sehr traurig. Mit diesem Augenaufschlag kriegen Hunde ihre Menschen immer rum. Selbst wenn es diese dann Geld kostet.

Unser Hund, eine Moabiter Mischung mit ein wenig Tibet-Terrier drin, kommt aus dem Tierheim. Er war nur einen Tag lang dort, was vor allem beweist: Bei ihm handelt es sich um einen Experten im Augenaufschlagen. Die anderen bleiben nämlich länger drin.

Doch als er jetzt wieder so leidend schaute, habe ich wirklich gedacht, es könnte etwas Ernstes sein. Schließlich wachsen ihm auch schon ein paar graue Haare. Und dann die Hitze! Er sah in letzter Zeit häufig sehr lustlos aus. Vor allem jedoch hat er sein Frühstück nicht mehr gefressen, stattdessen etwas sehr Seltsames getan. Er hat immer drei runde Pellets zusammen aus seinem Napf genommen und im Flur verteilt.

Meine Frau knickte als Erste ein

Einfach nur waidwund gucken, das kenne ich ja schon. Aber diese Dreiergruppen haben mich verblüfft. Ich zerbrach mir den Kopf, ob das irgendeine Botschaft sein soll. Dreimal kurz, dreimal lang, dreimal kurz, das bedeutet schließlich im Morsealphabet SOS. Ein Notruf!? Für einen kurzen Moment war ich sogar bereit, einem Tierarztbesuch zuzustimmen, was immer sehr teuer kommt. Aber so leicht gebe ich mich nicht geschlagen: „Vielleicht schmeckt es ihm einfach nicht“, sagte ich.

Dafür gab es Indizien. Zwar fraß er sein Zeug nicht mehr, auf meinen Teller hingegen starrte er mit großer Geduld und unübersehbarem Interesse. Nun sind diese Pellets, die wir ihm morgens servieren, keineswegs billig. Und früher hat er sie sehr gern gegessen, geradezu verschlungen. Meine Mutter fiel mir ein. Als Kind habe ich eine bestimmte Haselnusswaffel sehr gemocht. Weshalb sie noch Jahrzehnte später dachte, sie macht mir damit eine Freude. Es ist mir nie gelungen, ihr beizubringen, dass mir diese Waffel nicht mehr schmeckt.

Meine Frau knickte als Erste ein. Ich guckte unserem teuren Tier noch einmal in die Augen, dann gab auch ich meinen Widerstand gegen überflüssige Geldausgaben auf. Obwohl wir noch einen ziemlich großen Vorrat von seinen Pellets haben, fuhr sie mit dem Hund in ein nahes Pflanzencenter. Sie haben dort eine sehr große Abteilung für Tiernahrung. Der Hund gab sofort eine Kostprobe seines Könnens ab, gleich drei Verkäuferinnen kümmerten sich um ihn. Alle erlagen sie seinem Blick von schräg unten.

Wir sind 25 Euro ärmer

Erst wurde er nur gestreichelt, dann handfest abgetastet. Eine Mitarbeiterin zog sogar beherzt seine Lefzen bis zum Anschlag zurück, um Zähne und Zahnfleisch zu begutachten. „Der hat nichts“, lautete ihr Urteil. Meine Frau nahm die Diagnose dankbar zur Kenntnis und kaufte derart viel Premium-Tierfutter in den unwahrscheinlichsten Geschmacksrichtungen, dass sie sogar noch einen Cappuccino geschenkt bekam.

Was soll ich sagen. Wir sind zwar 25 Euro ärmer, aber der Hund frisst wieder. Durchaus mit Appetit. Mir hat meine Frau übrigens eine Haselnusswaffel mitgebracht, „die isst du doch so gern“.

Seitdem spiele ich mit dem Gedanken, auf dem Flur eine Spur aus Haselnusswaffeln auszulegen.

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