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In der Netflix-Serie spielt Henry Cavill den Hexer Geralt von Riva.

© Netflix

„Ich bin Schriftsteller, kein Prediger“: Jetzt spricht der „Witcher“-Autor Andrzej Sapkowski

Der polnische Fantasy-Autor Andrzej Sapkowski über die zeitlose Faszination von Märchen, Monstern und die neue Netflix-Serie.

Andrzej Sapkowski, 71, gibt kaum Interviews. Für uns hat er eine Ausnahme gemacht und per E-Mail auf unsere Fragen geantwortet. Hier erklärt er, was er über eine politische Interpretation seiner Bücher denkt, und wieso er keine Computerspiele mag.

Herr Sapkowski, bevor Sie Autor wurden, arbeiteten Sie als Unternehmensberater. Haben Sie da etwas gelernt, was Ihnen beim Schreiben Ihrer Witcher-Saga, die jetzt von Netflix verfilmt wurde, hilft?
Offensichtlich spielen Wirtschaft und Geschäfte in meinen Büchern eine wichtige Rolle. Man trifft Händler, Banker, Krämer und Konsorten – Geld regiert auch die Fantasy-Welt. Die Details hat mir mein alter Beruf vermittelt.

Und wohl auch ein wenig Disziplin. Im Gegensatz zu George R. R. Martin oder Patrick Rothfuss haben Sie Ihre Saga abgeschlossen.
Man hört auf, wenn die Geschichte zu Ende ist. Erst der Plan, dann die Realisierung. Man kann ja keinen Witz erzählen, ohne die Pointe zu kennen. Nehmen Sie an, ich schreibe bis mir langweilig wird?

Schreiben Sie denn gern, oder ist das quälende Arbeit?
Beides, würde ich sagen. Das Verhältnis ändert sich von Tag zu Tag.

Sind Sie vertraut mit der Arbeit Ihrer deutschen Übersetzer?
Ich bin sicher, bei jeder Übersetzung geht etwas verloren. Traduttore, traditore, sagt man im Italienischen: Der Übersetzer ist ein Verräter. Aber ich muss sagen, mein deutscher Übersetzer arbeitet sehr akkurat.  Deutsche Leser bekommen garantiert den  „echten Sapkowski“.

Europäische Märchen sind eine deutliche Inspiration für Ihre Fantasy-Welt gewesen. Was, denke Sie, ist das Geheimnis deren zeitloser Popularität?
Der amerikanische Psychologe Bruno Bettelheim betont den unterschwelligen Einfluss sexueller Element, tief verwurzelt im menschlichen Unterbewusstsein.

In Ihren Büchern zieht der Hexer Geralt von Riva durch die Lande und tötet Monster. Wovor haben Sie Angst?
Ich habe vor gar nichts Angst. Nicht mal vor dem Zahnarzt.

Pläne? "Alles kann passieren", sagt Andrzej Sapkowski.
Pläne? "Alles kann passieren", sagt Andrzej Sapkowski.

© Wojciech Koramowicz

Wie viele Fantasy-Welten wimmelt auch Ihre vor Königen und Prinzen? Was denken Sie über den Adel in der echten Welt?
Noblesse oblige, Adel verpflichtet, und ich bin selbst von Adel. Mit Wappen und allem. Schauen Sie in der polnischen Wappenrolle nach

In Ihren Büchern schreiben Sie über Rassismus, Vertreibung, Unterdrückung. Haben politische Ereignisse dafür die Inspiration geliefert?
Natürlich bin ich mir bewusst, was um mich herum passiert. Aber ich bin ein Autor, kein Prediger oder politischer Kommentator. Ich sage niemanden was gut und was schlecht ist. Ich erzähle Geschichten.

Das Internet ist voll von Theorien wie denen, dass Ihr Reich Nilfgaard auf dem Heiligen Reich Römischer Nation basiert oder die „Zwerge die Juden symbolisieren“.
Und Sauron ist Hitler. Und die Lannisters und Starks sind die Lancasters und Yorks. Bla, bla bla ...

Wenn Sie an Ihre Fans denken, fühlen Sie dann mehr Dankbarkeit oder mehr Druck? Fühlen sie sich manchmal oder die ganze Zeit missverstanden?
Zu allem ja, zu allem nein.

Kein Fantasy-Epos ohne anständiges Kartenwerk. Die Welt des Hexers.
Kein Fantasy-Epos ohne anständiges Kartenwerk. Die Welt des Hexers.

© dtv

Was sagen Sie zu Lesern, die sich jetzt aufregen, dass Figuren wie Fringilla Vigo oder Triss Merigold in der Netflix-Serie von schwarzen Schauspielerinnen dargestellt werden?
Kein Kommentar.

In der Serie wird Geralt jetzt von Henry Cavill gespielt. Wer wäre Ihre Idealbesetzung?
Henry Cavill.

Manchem Kritiker gilt Ihr Protagonist als archaischer Macho. Würden Sie Geralt heute nochmal erfinden, würden Sie etwas ändern?
Er ist ein Produkt meiner Vorstellungskraft und gewöhnlich mag ich die. Nur Schizophreniker tun das nicht.   

Polen hat besonders in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Vielzahl berühmter Science-Fiction-Autoren hervorgebracht. Welche Rolle spielt die Fantasy in der polnischen Literaturszene?
Eine positive, nehme ich an. Wenn auch eine kleine.

Wie erklären Sie den momentanen Boom von Fantasy-Werken?
Ich kann mich nicht erinnern, dass Fantasy seit den Tagen Tolkiens mal nicht populär gewesen wäre.  

Ihr „Witcher“ wurde dreimal sehr erfolgreich als Videospiele adaptiert. Manchem Kulturkritiker gilt das Medium als das neue große Erzählformat der Gegenwart. Sie lehnen das ab. Warum?
Ein Spiel ist keine Geschichte und erzählt keine Geschichte. So einfach ist das.

Wird es weitere „Witcher“-Bücher geben?
Meine Pläne derzeit sind vage. Alles kann passieren.

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