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Gabriele Möller-Hasenbeck auf der Bühne mit Bernd Stelter.

© Twitter/WDR

Stelter-Kritikerin: „Ich dachte, dieses Geschlechterverständnis hätten wir hinter uns“

Gabriele Möller-Hasenbeck kritisierte Karnevalist Bernd Stelter, einen Witz über den Namen der CDU-Chefin fand sie diskriminierend. Jetzt wird sie angefeindet.

Die Reaktionen auf die Berichterstattung des Tagesspiegels waren heftig. Man mache „aus einer Mücke einen Elefanten“, die „hysterische Political Correctness“ nehme den Menschen hierzulande „die Luft zum Atmen“. Die Frau sei eine „humorlose Zeitgenossin“, eine „beleidigte Leberwurst“, die nicht über sich selbst lachen könne.

Gemeint war Gabriele Möller-Hasenbeck, die den Karnevalisten Bernd Stelter in Köln auf der Bühne dafür kritisiert hatte, dass dieser Witze über den sperrigen Doppelnamen der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauers machte. Sie wurde dafür des Saales verwiesen. Nun ist eine Debatte entbrannt, ob der Vorfall als sexistisch zu bewerten sei.

Typisch Karneval. Der Witz war nicht lustig und wer das sagt, wird unerbittlich verfolgt und sogar des Saales verwiesen. [...] Zum Glück ist am Aschermittwoch wieder alles vorbei.

schreibt NutzerIn provinzler

Die Aktion sei nicht geplant gewesen, sagt Gabriele Möller-Hasenbeck dem Tagesspiegel. „Mir ist einfach die Hutschnur geplatzt. Ich konnte das nicht mehr hören und empfinde es als diskriminierend.“ Die Kritik an vermeintlich sperrigen Doppelnamen treffe heute noch immer meist Frauen.

Dass die Veranstalter vom Hausrecht Gebrauch machten und sie des Saales verwiesen, akzeptiere sie zwar, „man hätte es aber auch souveräner lösen können. Offensichtlich ist Kritik nicht erwünscht, sondern nur klatschen erlaubt.“

Karneval, Fasching und Elferrat war nie fair oder fein ausgewogen. Die Devise heißt jetzt, gut kostümiert und leicht beschwingt zurückzuspotten. Wer im Narrenzelt versucht das moralische Hochseil zu erklimmen, der hat schon verloren.

schreibt NutzerIn Saa111

Als sie ging, musste ihr Mann sie begleiten. „In welcher Zeit leben wir denn heute?“, wundert sich Möller-Hasenbeck. „Ich dachte, dieses Geschlechterverständnis hätten wir schon lange hinter uns gelassen“. Ihren Mann erreichten derweil zahlreiche Anfeindungen in sozialen Netzwerken. „Lass Dich von der Alten scheiden!“, oder „Hast du deine Frau nicht im Griff?“ ist dort zu lesen.

Als selbstständige Steuerberaterin ist Möller-Hasenbeck zudem von einem weiteren Internetphänomen betroffen: Zahlreiche Nutzer beurteilen sie seit dem Auftritt in Köln auf Bewertungsplattformen negativ. Die 57-Jährige will rechtliche Schritte prüfen lassen. Immerhin sei das existenzgefährdend.

Erst 1991 waren Frauen in der Namenswahl gleichgestellt

Kritiker der Frau erwidern, dass im Karneval über alles gelacht werden dürfe. Was die Verteidiger des freien Wortes dabei aber unterschlagen: Humor ist immer auch eine Frage gesellschaftlicher Machtverhältnisse. Frauen dürfen erst seit 1991 vollkommen gleichberechtigt über die Fortführung ihres Geburtsnamens entscheiden und ihn seit dem auch gegen den Willen des Mannes führen. Doppelnamen sind somit auch ein Relikt einer Zeit, in der Frauen als Besitz des Mannes angesehen wurden - ein Produkt eben jener patriarchalen Gesinnung sind, die sich jetzt herausnehmen möchte, sich darüber lustig zu machen.

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Lange Zeit war es im Namensrecht das einzige Zugeständnis männlich dominierter Politik an die Emanzipation der Frau. Und auch heute kommen Frauen im Karneval noch immer oft nur als hübsches Beiwerk vor, als knapp bekleidete Tanzmariechen oder „lecker Mädche“.

Auf der Homepage des Kölner Karnevals sind Leitsätze der Veranstalter formuliert. Das rheinische Volksfest sei „zukunftsorientiert und innovativ“, übernehme „gesellschaftliche und soziale Verantwortung“, wolle eine Spiegelfunktion erfüllen - „gesellschaftskritisch, werteorientiert und unabhängig.“ Die sechs Posten im geschäftsführenden Vorstand des Kölner Karnevals sind hingegen allesamt mit Männern besetzt.

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