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Das "Ristorante Lagalante" in Schöneberg überzeugt mit Nudeln und einigen Vorspeisen - anderes lässt zu wünschen übrig.

© promo/Lagalante

Von Tisch zu Tisch - die Restaurantkritik: Im Lagalante

Die Antipasti: okay. Die Nudeln: Spitze. Die Hauptgänge: Vergiss es. Wechselbäder beim Szene-Italiener

Kaum etwas suchen wir hier so intensiv wie ein gutes italienisches Restaurant. Klar, "Ponte" und "Osteria Centrale" sind weitgehend unumstritten, und ein paar andere Betriebe haben auch ihre zufriedenen Stammkunden. Aber wäre es nicht schön, wenn auch die moderne, regional fokussierte italienische Küche mal nach Berlin vordringen würde? Gekocht von Köchen, die nicht nur bei Mamma, sondern auch mal bei René Redzepi oder Heston Blumenthal reingeschaut haben, womöglich sogar bei Heinz Beck in Rom?

Daraus wird dann leider nie was. In den letzten Wochen haben hymnische Kritiken und Blogbeiträge mich in dem Glauben bestärkt, das sehr schlichte und kleine, noch recht neue "Lagalante" in Schöneberg könnte zumindest einen Schritt auf diesem Weg gegangen sein. Aber dann saß ich entgeistert vor den Hauptgängen und fühlte mich an den alten Witz erinnert: "Ein Geisterfahrer? So ein Unsinn! Es sind hunderte!"

Die Strozzapreti mit Salsiccia und Pfifferlingen stimmten optimistisch

Aber von vorn. Signore Lagalante aus Apulien kann sicher kochen und lässt das bisweilen auch aufblitzen, vor allem wohl bei den Nudeln. Wir begannen nach der Enttäuschung über interessante, aber gestrichene Gerichte mit einem würzigen Sardinen-Amuse, das Vorfreude weckte. „Cialedda di Mare“, ein Salat auf salentinische Art mit Kräutern, Miesmuscheln und Garnelen, erwies sich dann bis auf die enorm harten und zähen Brotstücke drinnen als ganz okay (10,50 Euro). "Polpette di Pane al Sugo", kugelrunde kleine Brotbällchen in Tomatensoße, waren ein klarer Treffer, zumal die Soße rund und ausgewogen gewürzt war, eine angenehme Kleinigkeit (7 Euro). Auf der Tafel wurden einige Nudelgerichte außerhalb der Karte angepriesen, zum Beispiel Strozzapreti, kurze, möglicherweise sogar am Ort handgerollte Nudeln mit Brät von der Salsiccia und Pfifferlingen, die mich weiter optimistisch stimmten, denn das war sachlich-gekonntes Nudelhandwerk, das keine Schnörkel braucht, um zu glänzen.

Sodann: die Secondi. Es gibt eine Schule der Restaurantkritik, die die Regel "Nie beim Italiener Hauptgänge essen!" zum eisernen Prinzip erhoben hat. Ich gehöre dieser Schule nicht an, sondern lege Wert auf das volle Programm – und das ging hier nun leider komplett in die Grütze. Die Dorade in Folie mit Meeresfrüchten, der einzige verfügbare Fischgang, kam als verschlossenes Paket auf den Tisch, draußen zwei Lagen Alu, darunter eine Lage Pergament.

Die Dorade unter Meeresfrüchten begraben

Drinnen: Chaos. Verschiedene Muscheln mit Schale, durchweg komplett verkocht, Garnelenköpfe solo, auch ein paar vollständige Garnelen, grob gestückelte, ungeschälte Tomaten. Ganz drunter: die arme kleine Dorade. Das sah aus, als sei der Fisch in der Hülle mit dem fertigen Meeresfrüchtesalat zugeschüttet und dann im Ofen ein zweites Mal getötet worden (18,50 Euro). Indiz für Störungen in der Küche: Nach längerem Warten wurde uns versprochen, der Fisch benötige noch exakt elf Minuten – daraus wurde eine gute halbe Stunde.

Noch verstörender, leider: Die in Bier glasierte Schweinshaxe, ein Riesending wie Pachulkes Eisbein, mit undefinierbarer heller Soße und Krautsalat (17,50 Euro). Wer soll so etwas essen? Wir gaben dann unsere Bemühungen am drögen, trockenen Fleisch rasch auf und verzichteten auch auf die Desserts, die an den Nebentischen schon beifällig verspeist worden waren, Erdbeereis mit Erdbeeren und Schlagsahne oder Panna cotta mit Mango und Passionsfrucht.

Wein gibt es auch, ohne dass bei diesem Thema nennenswerte Sorgfalt zu erkennen wäre, das ist mehr oder weniger wie bei jedem Italiener um die Ecke. Wenn ich also einen trotz allem positiven Rat geben dürfte: Für Nudeln und die eine oder andere Vorspeise mag das sogar eine ganz gute Adresse sein.

Lagalante, Grunewaldstr. 83, Schöneberg, Tel. 98 37 52 96, geöffnet Di–So ab 17.30 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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