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Großes Maul: der Pelikan.

© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (41): Krauskopf- Pelikan

Wer sich die Jagdmethoden dieser Wasservögel anguckt, ist entsetzt: Was der Pelikan einmal in seinem Schlund hat, lässt er nicht mehr wieder los.

Von Julia Prosinger

Gonzo staubt. Federn schieben seine watteweichen Daunen aus der Haut. Das juckt. Er ist jetzt in der Mauser und sieht aus wie ein aufgeplatztes Sofakissen. Aber bald wird aus dem hässlichen Entlein ein stolzer Pelikan. Dann wird Gonzo Irokesenschnitt tragen wie seine Verwandten, die anderen Krauskopfpelikane. Dann wird er bis 1,70 Meter hoch, spannt seine Flügel auf drei Meter und futtert sich mit seinem 50 Zentimeter langen Schabel bis zu 13 Kilo an. Krauskopfpelikane gehören zu den größten flugfähigen Vögeln weltweit. Abheben fällt ihnen schwer, doch danach segeln sie schwerelos mit der Thermik.

Noch sitzt Gonzo im Afrikagehege des Zoos, wo sie Vogelbabys mit der Hand aufziehen. Statt wie üblich im Frühjahr kam Gonzo im Herbst zur Welt, zu kalt für draußen. Alles begann damit, dass sich im Sommer die grauen Schnäbel seiner Eltern leuchtend orange färbten. Anderen Pelikanarten wachsen in der Balz Hörner auf dem Schnabel oder bunte Ringe um die Augen. Krausköpfe werden bunt.

Gonzos Vater hatte seine Mutter beim ersten Date, einem Badeausflug, zaghaft im Nacken gekrault. Später hatte er ihr als Zeichen seiner Liebe ehrerbietig ein paar Stöckchen zum Nestbau überreicht. Pelikane sind Spießer, und so bauten Gonzos Eltern sich noch vor dem Geschlechtsakt ein weiches Bett. Bis der Tod sie scheidet, wollten sie nun zusammenbleiben.

In der Natur verbinden die Krausköpfe mit Exkrementen ihre Nester zu Reihenhäusern und brüten in Kolonien. Im Zoo schlüpfte Gonzo, 30 Tage nachdem seine Eltern ihre Kloaken aufeinandergepresst hatten. Reviertierpfleger Yancy Rentz baute ihm ein Bett aus Laub, verpflegte ihn mit nestjungen Mäusen, vollgesogen mit Muttermilch. Inzwischen bekommt Gonzo Süßwasserfisch, Salzwasser geht ihm auf die Nieren.

Rentz streichelt Gonzo. Der Vogel schenkt ihm einen langen Blick aus himmelblauen Augen. Unschuldsengel Gonzo. Doch so harmlos sind Pelikane nicht. Ein Haken am Schnabel trifft leicht forsche Kinder – und die Jagdmethoden der Pelikane sind berüchtigt. Tauchen können sie nicht, sie bilden eine Flotte. Zu mehreren umzingeln sie Fische in seichten Gewässern des Donaudeltas, ein jeder Krauskopf sperrt seinen Schnabel auf und pflügt durchs Wasser. Dabei hilft ihnen der dehnbare Hautsack am Hals, der sich als Kescher eignet. Fischern machen sie so Konkurrenz, darum gelten die Tiere in Südosteuropa als bedroht.

Im Londoner St. James Park hat einer von Gonzos Verwandten eine Taube verspeist, das kann man sich in einem Video antun. Minutenlang flattert die Taube unzerkaut im Kehlsack des Pelikans. Der bemüht sich, sie bei lebendigem Leibe zu schlucken. Federn schießen aus seinem Schnabel, er legt den Kopf nach hinten, damit die Taube rutscht, aber die wehrt sich, bis sie irgendwann erstickt.

Bevor Gonzo bereit ist für solche Schweinereien, muss er schwimmen lernen, eine eigene Wanne hat er schon. Rentz mimt die Mutter und lockt ihn plätschernd an. Entlang der Brust hat Gonzo ein Geflecht aus Luftblasen, ähnlich jenem Plastik, in dem man zerbrechliche Fracht einwickelt. Das verleiht den schweren Pelikanen im Wasser den nötigen Auftrieb.

TIER IM ZOO

Lebenserwartung:  30–40 Jahre

Fütterungszeiten:  täglich 15.30 Uhr

Besonderheit: Gonzo wurde am 3. Oktober vergangenen Jahres geboren.

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