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Von TISCH zu TISCH: Le Provencal

Ziegenkäse mit trockener Mangosalsa.

Unter dem Pflaster liegt der Strand“, lautete ein berühmter Slogan der 68er. Es ging eher um Anarchie als um Savoir vivre. Zwar lag das Nicolaiviertel zu 68er Zeiten noch hinter der Mauer, unberührt von westlichen Revolutionen, aber das macht nichts. Strandlokale sind in der Regel Touristenrestaurants. Ein solches ist auch „Le Provencal“. Man sitzt schön am Wasser und in unmittelbarer Nachbarschaft der globalen Society. Eine Gruppe aus Schanghai amüsierte sich prächtig in Hörweite.

Der Kellner war unmotiviert. Als wir ihn baten, die Karte noch kurz auf dem Tisch liegen zu lassen, lehnte er das strikt ab mit der Begründung, dass er dann alle drei Minuten angerast kommen und fragen würde, ob wir schon gewählt hätten.

Das Brot war pappig, der überteuerte Crémant wurde in billigstmöglichen Gläsern serviert (7 Euro). Fast unverschämt gestylt ist die Weinkarte. Da mischen sich 0,75-, 0,375- und 0,5-l-Flaschen wild durcheinander, so dass man eine falsche Vorstellung vom Preisgefüge bekommt.

Immerhin gibt es Klassiker aus Urlaubszeiten, sogar Schnecken, die selten geworden sind auf Speisekarten. Unter den Austern-Varianten befindet sich eine Rezeptur, die an die Weinbergschnecken erinnert, in lauwarmer Kräuterbutter; es hilft, wenn man Knoblauch liebt (10 Euro). Der gebackene Ziegenkäse war von nicht eben erlesener Qualität, lauwarm, zwei Stücke lagen locker auf an den Rändern zu schwarz getoasteten Baguettescheiben zu beiden Seiten eines Hügels Rucolasalat, unter dem sich zwei Häufchen erstaunlich trockener Mangosalsa verbargen. Daneben saß rund und ratlos eine Tomate (9,50 Euro).

Darauf folgte eine gut einstündige Pause. Eigentlich waren nur noch drei Tische besetzt, und die Chinesen killten schon den Nachtisch. Der Kellner wurde nun auch noch maulfaul und mochte uns keine Auskunft geben, woran es lag.

Am Ende der Wartezeit sagte er großzügig, der Koch habe noch ein Extralammkotelett draufgelegt, um für die Wartezeit zu entschuldigen. Das Fleisch war saftig, zart und ordentlich gewürzt. Dazu gab es grüne Bohnen und viel zu fett geratene Bratkartoffeln (19,50 Euro).

Salade Niçoise ist für mich das Strandgericht schlechthin. Die Schüssel enthielt ein Bett von Salat, sehr viele Paprikastreifen, Kartoffelscheiben und Oliven, Keniabohnen und Tomaten- und Gurkenstückchen, Thunfisch und zwei Sardellenfilets. Keine Eier. Auch ein bisschen Dressing hätte nicht geschadet (13,50 Euro).

Als wir danach noch das lauwarme Schokotörtchen zum Dessert bestellen wollten, warnte der unmotivierte Kellner, das dauere aber eine Viertelstunde. Die Viertelstunde verrann, und plötzlich tauchte eine motivierte Frau mit zwei Gratisgetränken auf. Sie habe gesehen, was an unserem Tisch los gewesen sei, sagte sie und versprach, dass das Dessert nun bald eintreffen würde. Die Weingläser nahm sie schon mal mit, obwohl die Flasche Sauvignon Blanc von der Loire noch nicht ganz ausgetrunken war (25 Euro).

Die Gratisgetränke waren gekühlt in guten Gläsern. Nach einer weiteren Viertelstunde traf das Törtchen ein, schokoladig, innen flüssig, mit Rosmarineis und Karamell. „Genießen wie Gott in Frankreich“, lautet das Motto des Hauses.

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