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Auch die rößten Popstars altern. Yusuf/Cat Stevens, aufgenommen 2018.

© dpa

Der Künstler, der Yusuf Islam war und Cat Stevens ist: Bitterblue

Das Arte-Porträt von Yusuf/Cat Stevens ist mehr ein Steckbrief als eine ausgereifte Biografie.

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Die Vorfreude auf ein solches Doku-Porträt ist riesig: „Cat Stevens. Von Steven Georgiou bis Yusuf Islam“. Für seine Fans rund um den Globus hat er längst den Status eines Unsterblichen erreicht. Ob als Folksänger, Songwriter, Pop-Ikone, Stimme einer Generation – der Sohn eines Zyperngriechen und einer Schwedin, mittlerweile 73, erlaubt das Bonmot: Ein Leben ohne die Songs von Yusuf/Cat Stevens ist möglich, aber sehr viel ärmer ist es auch.

[„Cat Stevens. Von Steven Georgiou bis Yusuf Islam“, Arte, Freitag, 21 Uhr 45.]

France Savimberge hat sich für Arte France darangemacht, den Lebens- und Arbeitsweg des Künstlers nachzugehen. Eine Biografie, von der es in diesem Fernsehstück heißt, dass sie „sich immer wieder dem Zugriff entzieht“. Der Musiker wird als „Orakel“ bezeichnet.

Kann man so machen, zugleich die Frage provoziert wird, ob es nicht Aufgabe der 45 Sendeminuten ist, diesem Orakel in großer Sorgfalt nachzuspüren. Das Mehrdeutige muss deutlich werden und nicht nur eine Behauptung bleiben. Der Film ist mehr Steckbrief mit Musik als die Dokumentation eines Lebens, das von der Musik in wesentlichen Teilen und von einem Menschen auf der Suche nach Spiritualität dominiert wird.

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Mit alterslosen Stücken wie „Sad Lisa“, „Wild World“, „Lady D'Arbanville“ oder „Morning has broken“ wird Cat Stevens zur festen Größe der Popmusik. Die Dokumentation findet ihren ersten Schwerpunkt in den wilden 60er und 70er Jahren, als Cat Stevens Song auf Song schrieb und sich damit ein eigenes Kapitel in der Musikgeschichte sicherte. Die Rüschenhemden, die er trug, prägten auch die Songs, zuweilen reimte sich in seinen Lyrics die Wehmut/Schwermut auf Kitsch. Und ja, „Morning has broken“ ist zu Tode gecovert.

Romanischer Troubadour

Andere würden sagen: Da träumte sich ein romantischer Troubadour durch den Tag, er ließ die Seele in die Saiten und in die Tasten greifen, schnell zeigte sich ein Pionier der Singer-Songwriter-Bewegung – und wurde Cat Stevens nicht zum Sprachrohr einer ernüchterten Hippie-Generation?

Das Doku-Porträt reißt alles an, die Autorin will quasi nur mit reichem Archivmaterial die Person des Cat Stevens erfassen, da ist keiner und schon gar der Musiker selbst, der im persönlichen Gespräch über seine Zeit und Jahre räsoniert. Der Zuschauer erlebt ein Best-of-Yusuf/Cat Stevens und sieht kein scharf konturiertes Porträt. Aus der Ferne ist nicht immer gut sehen und erkennen.

Yusuf Islam

Und dann, als das Alter Ego Yusuf Islam in den späten 1970er Jahren auftauchte, verschwand Cat Stevens aus dem Pantheon seiner Generation. Seine Entscheidung, möglicherweise durch Depressionen motiviert, polarisierte die Fans und platzierte ihn schnell an den Rand der Szene, da urteilt die Autorin sehr richtig. Aus dem Progressiven war ein Konservativer geworden. Aber genau hier hätte der Ehrgeiz einsetzen müssen, tiefer, gründlicher, erhellender nach den Motiven zu recherchieren und zu fahnden. Da liegt eine Spannung, ein Rätsel in dem Leben drin, was nach Aufklärung schreit und weniger nach Beschreibung.

Fatwa gegen Salman Rushdie

So wird nur die damals als skandalös betrachtete Konversion des Sängers zum Islam aktualisiert, fokussiert in der Anschuldigung, der jetzt unter dem Namen Yusuf Islam agierende Stevens unterstütze die von Ajatollah Chomeini gegen Salman Rushdie und seine „Satanischen Verse“ verhängte Fatwa. Der Musiker bestritt dieses Engagement, der Autor Rushdie blieb dabei. Mittlerweile ist Yusuf/Cat Stevens – „Islam“ wurde gestrichen – zur Musik zurückgekehrt und als Künstler wieder gesellschaftsfähig.

Der Film von France Swimberge verbaut nicht den Weg zu einem weiteren, besseren Beitrag, im Gegenteil, er macht ein tieferschürfendes Porträt mit angeschlossenem Konzert zu einem notwendigen Arte-Projekt. Joachim Huber

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