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Inklusive Liebesgeschichte. BKA-Verbindungsmann Ralf Eley (Ken Duken) soll einen entführten Rüstungsmanager befreien. Dabei kommt er Untersuchungsrichterin Amel Samraoui (Hania Amar) näher.

© Sife Elamine/Watch Next Media/Arte

Arte-Serie nach Oliver-Bottini-Roman: Blutige Waffendeals mit Algerien

„Algiers Confidential – Ein paar Tage Licht“ - Ein Arte-Thriller verwebt die Geschichte Algeriens mit deutscher Außenpolitik.

Während einer Geschäftsreise wird der deutsche Waffenhändler Peter Richter in Algier gekidnappt. Das Auswärtige Amt in Berlin vermutet einen islamistischen Hintergrund. Doch die Entführer sind junge Idealisten ohne religiöse Ambitionen. Ihr Ziel ist ein zweiter arabischer Frühling. Auf dem Weg dorthin versuchen sie, aus ihrem Opfer Informationen über eine geheime Lieferung deutscher Waffen nach Algerien herausprügeln. Es geht um zehntausend Sturmgewehre, mit denen die korrupte Militärregierung ihre Gewaltherrschaft zementieren will. Die deutsche Politik spielt bei diesem blutigen Deal eine unrühmliche Rolle.

„Algiers Confidential – Ein paar Tage Licht“ basiert auf einer Vorlage von Oliver Bottini. Es ist die dritte Verfilmung eines Stoffs aus der Feder des mehrfach preisgekrönten Autors. In seinem Kriminalroman von 2014 spannt Bottini einen weiten Bogen, der von der kolonialen Vergangenheit Algeriens bis hin zur umstrittenen Ausfuhr deutscher Rüstungsgüter und der damit verbundenen Umgehung des Kriegswaffenkontrollgesetzes reicht.

[„Algiers Confidential – Ein paar Tage Licht“, Arte, Donnerstag, alle vier Teile ab 21 Uhr 10]

Entsprechen komplex strukturiert ist die filmische Umsetzung. Die Schauplätze alternieren zwischen der algerischen Wüste und den ratternden Fotokopierern in Berliner Regierungsämtern. Auch die verwirrende Vielzahl der Figuren könnte kaum gegensätzlicher sein.

Auf der einen Seite verfolgt die Serie die Geschicke von Katharina Prinz. Die von Anna Schudt verkörperte Leiterin der Abteilung Nahost des Auswärtigen Amtes kommt einer Korruption auf die Spur. Offenbar gibt es eine heimliche Verbindung zwischen ihrer Abteilung mit der Waffenlobby.

Logikbrüche, aber auch überraschende Perspektiven

Ein anderer Strang der verzweigten Geschichte richtet den Fokus auf Djamel (Raphaël Acloque), ein junger Algerier, der nach Deutschland einreist, um mit untergetauchten Komplizen einen Waffenkonvoi in seinen Besitz zu bringen. Gewiss, es gibt Logikbrüche. Man bleibt aber an der Serie dran, weil sie überraschende Perspektiven eröffnet.

So besucht Djamel seinen Großvater, ein Veteran des Algerienkriegs, der nicht mehr in seine Heimat zurückkehren kann und seinen Lebensabend im deutschen Exil verbringt: Ein Araber, der nicht in Neukölln, sondern in einem bescheidenen Häuschen in einem pittoresken Vorort lebt: Allein schon diese unaufgeregte Verschiebung der Perspektiven ist erfrischend.

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Während Djamel dem Alten bei der Gartenarbeit hilft, vermittelt sich in ihrem Gespräch die Leidensgeschichte Algeriens seit der französischen Kolonialherrschaft. Islamisten? Um die geht es auch, aber nur am Rande. Dieser differenzierte Blick auf das nordafrikanische Land und seine Beziehungen zu Deutschland macht den Vierteiler interessant.

Ken Duken als klassische Identifikationsfigur

Zu einer Herausforderung wird die Serie durch die etwas sperrige Inszenierung des Franzosen Frédéric Jardin. Figuren erscheinen nicht wirklich lebendig, eher wie Spielsteine auf dem Schachbrett. Als klassische Identifikationsfigur taugt am ehesten noch Ken Duken als Ralf Eley. In der Rolle eines BKA-Verbindungsmannes der deutschen Botschaft in Algier versucht er den entführten Rüstungsmanager Peter Richter zu befreien. Als Figur bleibt er dabei aber seltsam blass. Auch seine Liebesbeziehung zu der algerischen Untersuchungsrichterin Amel Samraoui (Hania Amar) geht einem nicht wirklich nahe.

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Uninteressant ist die Serie deshalb aber nicht. Denn allmählich zeichnet sich ab, dass dieses unüberschaubare Wechselspiel zwischen bürokratischen Machtstrukturen, zynischem Waffenlobbyismus und der verfilzten Militärregierung Algeriens nicht mehr von einem Helden im klassischen Sinn zerschlagen werden kann.

Und so gibt es in „Algiers Confidential“ eigentlich nur Opfer und Schurken. Auf seine unnachahmliche Weise schlüpft Martin Brambach in die Rolle eines ebenso jovialen wie hinterhältigen Waffenproduzenten. Der Industrielle hat mit seiner klandestinen Algerien-Connection so viel verdient, dass er in seinem schlossartigen Anwesen wie ein barocker Fürst residiert – dabei aber immer noch etwas proletenhaft wirkt. Am Ende erschießt er sogar denjenigen, der ihm zuvor großzügig das Leben schenkte. Düsterer war eine Serie seit langem nicht mehr.

Manfred Riepe

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