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Medien: Das Feuer der Erinnerung

ZDF-Doku über 2000 Jahre Judentum in Europa

2000 Jahre jüdische Geschichte in zwei Fernsehdokumentationen à 45 Minuten zu erklären, ist unmöglich. Iris Pollatschek und das ZDF haben es trotzdem versucht – und rühmen sich mit dem Produkt „Der brennende Dornbusch“ einer „kleinen Pioniertat“. Eine Pioniertat ist es gewiss. Denn selten – nach Aussagen des ZDF sogar noch nie – wurde im Fernsehen in so konzentrierter Form über das Judentum von der Antike bis zum Holocaust berichtet.

Die Produktion krankt an verschiedenen Punkten. Angefangen beim Titel: „Der brennende Dornbusch“ ist zwar ein zentrales Bild aus der religiösen Mythologie, hat aber mit dem Film nichts zu tun, der Titel wird schlichtweg nicht erklärt. Der Untertitel ist schon treffender. Es geht um „Glanz und Elend der Juden in Europa“. Doch was beim Zuschauer hängen bleibt, ist das Elend, sind die Bilder von Vertreibung, Massaker und Tod, die bereits im ersten Teil mit viel Schlachtengetümmel und pathetischer Musik inszeniert wurden. Der Glanz, anders gesagt, der zivilisatorischen Fortschritt, den jüdische Gelehrte und Händler über die Jahrhunderte nach Europa brachten, verblasst hinter der typischen Semi-Doku-Fassade aus Spielszenen und Experteninterviews.

Die Produktion führt zunächst in das Jahr 73 vor Christus, in die Zeit der jüdisch-römischen Kriege. Am Beispiel des zu den Römern übergelaufenen ehemaligen jüdischen Feldherrn und späteren Schreibers Flavius Josephus erzählt die Dokumentation von der Zerstörung des jüdischen Tempels in Jerusalem. Mit kunstvollen Zeitraffermontagen, einem Ritt auf dem Uhrzeiger gleich, sind die Episoden miteinander verbunden. In Anbetracht der Fülle von Informationen möchte man die Augen schließen, um den Ausführungen des Sprechers besser folgen zu können. Um sie im nächsten Moment wieder aufzureißen. Denn die Stimme dramatisiert, macht vieles schrecklicher und größer als es ist. Leicht gerät sie auch ins andere Extrem, wird gefühlig. Dadurch kommen dem Zuschauer die sechs Protagonisten, die Iris Pollatschek, wie sie sagt, in einem harten Kampf ausgewählt habe, aber nicht nahe: Flavius Josephus, der Rabbi Schlomo Ben Jitzchak (1040 – 1105), die Händlerin Dona Garcia Mendes (1510 – 1569), im zweiten Teil der Begründer des Chassidismus Baal Schem Tov, dann der Philosoph und Aufklärer Moses Mendelssohn und Theodor Herzl, der Vordenker des Zionismus.

„Der brennende Dornbusch. Glanz und Elend der Juden in Europa.“ ZDF, 22 Uhr 45. Teil 2 : 8. Mai, 22 Uhr 30

Birte Hedden

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