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Keine wie die andere. Drei der Settman-Siebenlinge, die Noomi Rapace spielt. Foto: ZDF

© ZDF und COS AELENEI

Sci-Fi-Thriller im ZDF: Eine für alle

Der Sci-Fi-Thriller „Was geschah am Montag?“ im Zweiten zeigt Noomi Rapace in sieben Rollen gleichzeitig.

Die Schöpfung hat mehr Probleme, als der liebe Gott sich laut Bibel gedacht haben dürfte, und jedes einzelne davon hängt mit seiner Schöpfungskrone zusammen, also uns. Schließlich sind Klimakrise, Artensterben, Erdverödung Folgen der hausgemachten Destruktivität jener Spezies, die den zum Bersten flutet. Aus dramaturgischer Sicht ist es da nicht der schlechteste Twist, Überbevölkerung zum Ursprung einer fiktionalen Dystopie zu machen. Aber zur einzigen?

Genau das tut der norwegische Mystery-Experte Tommy Wirkola. Und die widersinnige Übersetzung des Originaltitels „What happened to Monday?“ im ZDF-Montagsfilm ist dabei sicher nicht der einzige Denkfehler von „Was geschah am Montag?“. Nach Max Botkins Idee zeichnet er eine Zukunftsvision, in der die EU zwar zur letzten Weltmacht geworden ist, zugleich jedoch im Chaos zu vieler Menschen versinkt. Gegen die wachsende Unordnung propagiert die Autokratin Cayman (Glenn Close) deshalb nur ein Mittel: Geburtenkontrolle im Stile von Chinas Ein-Kind-Politik.

Weil Zweitgeborene zwangsweise in einer Krypotschlaf genannten Schockstarre konserviert werden, zieht der Regimekritiker Terrence Settman (Willem Defoe) die Siebenlinge seiner verstorbenen Tochter – nach Wochentagen benannt – heimlich groß und lässt sie unter einer gemeinsamen Identität 30 Jahre lang nur abwechselnd nach draußen. Als Monday eines Montags nicht von der Arbeit heimkehrt, setzt sie allerdings eine Kettenreaktion in Gang, die das klandestine Familienkonstrukt zur Explosion bringt. All dies ist schon deshalb absurd, da sieben genetisch gleiche Geschwister trotz totaler Isolation sieben völlig verschiedene Persönlichkeiten ausgebildet haben. Doch das ist noch gar nichts gegen die soziokulturelle Dystopie des heruntergekommenen Kontinents anno 2073.

Soziales Experimentierfeld

Auch wenn Europa heillos überlaufen sein wird, ist unter all den Menschen nirgends einer mit Migrationshintergrund zu sehen. Ähnlich absurd wirkt es, dass sich ein wertkonservatives Gesellschaftssystem ausgerechnet die Zahl der Kinder vorschrieben lässt, während die realen Vorbilder von heute den Klimakollaps vor Augen noch nicht mal freiwillig auf fossile Raserei jeder Art verzichten.

Sehenswerter als dieser echtzeitfuturistische Quatsch ist daher das soziale Experimentierfeld. Wie sieben Schwestern im klaustrophobischen Exil einer Etagenwohnung vollends verschiedene Persönlichkeiten von feminin bis burschikos und besonnen bis aufbrausend herausbilden – das auszuarbeiten wäre mal ein Ansatz von philosophischer Tiefe gewesen. Und zunächst wird er auch bewusst mit einer Ausstattung inszeniert, deren Iris-Scanner und Computerholografien des späten 21. Jahrhunderts im Interieur des frühen 20. kaum zufällig die Lage untergetauchter Juden nach 1933 simulieren. Außerdem könnte die Verbindung von „Blade Runner“ mit „Schindler's Liste“ schon dadurch glänzen, dass Tommy Wirkola die Siebenlinge mit ein und derselben Darstellerin besetzt.

Wie in Stieg Larssons Verblendungstrilogie gibt Noomi Rapace die Schmerzensfrau schließlich erneut mit einer Physis zum Niederknien. Dummerweise jedoch hat der Regisseur wohl ein paar Mal zu oft Lisbeth Salander beim Leiden betrachtet. Denn was zum originellen Kammerspiel getaugt hätte, gerät bald zur selbstreferenziellen Gewaltorgie, in der einige Nahkampflaien reihenweise schwer gepanzerte Sondereinsatzkommandos plattmachen – was aber auch daran liegt, dass die Polizeiprofis ähnlich schlecht schießen wie Stormtroopers im „Star-Wars“-Gefecht mit Luke Skywalker. So wird der Thriller am Ende nur von einem Lichtblick erhellt: den Special Effects einer versiebenfachten Titelfigur. Schon toll anzusehen…

„Was geschah am Montag?“, ZDF, Montag, 22 Uhr 15

Jan Freitag

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