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Weiter Streit um Henri Nannen: Familie Nannen droht dem NDR mit Klage
Anders als vom NDR behauptet, habe Henri Nannen antisemitische Flugblätter nicht mitgestaltet – das sagen Familie Nannen und ihr Anwalt Christian Schertz.
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Die Auseinandersetzung um die NS-Vergangenheit des "Stern"-Gründers Henri Nannen geht in eine neue Runde. Die Familie Nannen hat Medienanwalt Christian Schertz in die Spur geschickt. In einem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt und an NDR-Intendant Jochen Knuth gerichtet ist, geht es im Kern um die Frage, ob Nannen als Mitglied einer Propagandaeinheit an der Produktion antisemitischer Flugblätter beteiligt war. Der Titel des inkriminierten NDR-Beitrags bei "Zapp" und "Strg F" trug den Titel: "Henri Nannen: Antisemitische Propaganda im 2. Weltkrieg".
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Schertz betont in seinem Schreiben zunächst, dass Henri Nannen "nie einen Hehl aus seinen Verfehlungen als Wehrmachtssoldat gemacht hat". Was zugleich wahr ist: "Tatsächlich gibt es aber für eine Beteiligung von Henri Nannen an der Gestaltung oder auch Verteilung der im Beitrag gezeigten antisemitischen Flugblätter bis zum heutigen Tag keinen einzigen Beweis. Hierauf weist aber der Beitrag nicht hin. Im Gegenteil: Es wird ein vermeintlicher Beweis angeführt, der nach Studium der Originalquelle falsch wiedergegeben wird und den behaupteten Beweis eben nicht erbringt. Insofern ist die konkrete Berichterstattung, die hier in Bezug genommen wurde, schlicht als falsche Tatsachenbehauptung anzusehen." Es sei offensichtlich, dass hier Mindeststandards der journalistischen Sorgfaltspflicht verletzt worden seien, so Schertz.
Der NDR erklärte unterdessen dem Branchendienst kress.de dazu: "Wir weisen diese schlichte Behauptung klar zurück. Den Beiträgen des NDR liegen eigene juristisch geprüfte und ausführlich dokumentierte Recherchen zugrunde." Derzeit prüft der NDR, wie er mit der Aufforderung umgehen wird. Generell hält der ARD-Sender zu seiner Berichterstattung in dem Fall fest: "Unstrittig ist die Verantwortung von Henri Nannen für die Propagandaarbeit des 'Südstern'. Selbst der "Stern" schrieb 2014: „'Sir Henri war der Boss'. Weitere Quellen bestätigen das."
Kein Mitglied der SS
Henri Nannen sei zudem weder Mitglied der SS noch formal Chef der fraglichen SS-Einheit gewesen. Anwalt Schertz fordert den NDR auf, den Titel "Nannen: Seine Rolle als Chef einer SS-Propagandaeinheit" mit dem Bild Henri Nannens offline zu nehmen.
Sollte der Sender der Aufforderung, die Bildmontage von Nannen und Flugblatt im Vorschaubild eines Videos offline zu nehmen, nicht nachkommen, wird es laut Anwalt zur juristischen Auseinandersetzung kommen. In dieser würde eindeutig zutage treten, dass es "keinen Beweis für die Kernbehauptung des Beitrages gibt".
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