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Klaus rennt. Strafverteidiger Klaus Burg (Hans Sigl) muss vor der Polizei flüchten und zugleich seine Tochter finden.

© ZDF und BERND SCHULLER

ZDF-Krimi "Flucht durchs Höllental": Hans Sigl kann auch anders

Hans Sigl mal nicht als Jesus-hafter "Bergdoktor“, sondern als Strafverteidiger auf der „Flucht durchs Höllental“. Ein ZDF-Krimi

Millionen ZDF-Zuschauer lieben den „Bergdoktor“, also lieben sie Hans Sigl als Martin Gruber. Der heilt hoch droben Wunden, Gemüter und Beziehungen. Möglicherweise wurde ihm dieses Jesushafte zu viel, denn in dem ZDF-Krimi „Flucht durchs Höllental“ muss Hans Sigl als Strafverteidiger Klaus Burg physisch und psychisch alles geben, zumal Burg des Mordes an seiner Tochter Alina (Leonie Wesselow) verdächtig ist. Also flieht er vor dem LKA, jagt er seinen Mandanten Georg Wendt (Christian Redl), der sich vor Enzo Battista (Tonio Arango) ins Zugspitzmassiv geflüchtet hat. Redl hat Papiere, mit denen er der Organisierten Kriminalität sehr gefährlich werden kann. Battista setzt Burg gewaltig unter Druck, indem er dessen Tochter entführt.

Der Kriminalgeschichte folgt die Menschengeschichte auf dem Fuß. Burg ist Witwer, seine Tochter hat den Tod der Mutter nie verwunden, sie fliegt vom Gymnasium und besucht eine Privatschule. Sie fühlt sich, nicht zu Unrecht, vom Vater abgeschoben. Ein Wochenende im Luxusressort soll die Beziehung wieder ins Lot bringen, schon am Frühstückstisch telefoniert der Vater, schickt SMS. Alina flippt aus – und verschwindet.

Mehr Protagonisten, mehr Päckchen

Drehbuchautor Marcus O. Rosenmüller packt noch weiteren Protagonisten ein ordentliches Päckchen auf den Rücken. Wendts Tochter Maja (Marleen Lohse) fühlt sich schuldig am Tod eines Bergsteigers, den sie sicher auf den Steinkohl führen sollte. LKA-Beamtin Barbara Leyendecker (Karen Böhne) hat einen früheren Einsatz versaut, der Alkohol muss sie trösten. Die Verdoppelung der Vater-Tochter-Verhältnisse, die Verteilung von reichlich Unglück in die Figurenschar – das hat etwas vom „Bergdoktor“-Schicksalskosmos, verbleibt aber diesseits des Kitsches.

Die „Flucht durchs Höllental“ hat ihre Schau- und Spannungswerte. Regisseur Rosenmüller setzt die Herausforderung der Bergregion gewinnbringend ins Bild und gleichermaßen seinen Helden Burg. Denn der Stadtmensch mit der kurzen Puste holt sich ordentlich Schrammen und eine Beinwunde auf seiner Flucht, die zur Jagd mutiert. Sigl verbirgt da nichts, er schnauft, prustet, nicht sein Körper ist es, sondern der Wille, der ihn durchs Höllental treibt und den Berg hinauf. Autor Rosenmüller ist so ehrgeizig schlau und legt Burg nicht die Kalendersprüche in den Mund, die Hans Sigl als „Bergdoktor“ im Minutentakt absondert. Die zuweilen in Bocksprüngen nach vorne drängende Handlung zeigt sich glaubwürdig.

Charakter und Alpöhi

Manche Figur wird zum Charakter hochgespielt, siehe Marleen Lohne als Maja Wendt; andere wie Karen Böhne als LKA-Beamtin Barbara Leyendecker können es nur versuchen. Christian Redl, der den BKA-Beamten Wendt spielt, bleibt im Alpöhi-Format stecken.

Das beschneidet den Film unnötigerweise in seiner Gesamtqualität, ohne an seiner Spannungsqualität zu knabbern. Mit wessen Hilfe und gegen wen wird der multiperspektivisch agierende Burg sein Ziel, sprich die Rettung seiner Tochter erreichen? Auch das Zugspitzmassiv zeigt sich von zweierlei Seiten, von der freundlichen und von der abweisenden.

Hans Sigl lässt seinen Strafverteidiger über sich hinauswachsen. Und es spricht für die Klugheit und die Klasse des österreichischen Schauspielers, dass er seine Figur nicht in Martin Gruber II verwandelt. Ein „Bergdoktor“ im ZDF reicht. „Flucht durchs Höllental“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

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