
© ZDF und Jana Kay
Zu meinem ÄRGER: Hemdsärmelige Selbstdarstellung
ZDF-Moderator Andreas Klinner hält viel von der Bundespressekonferenz - aber weniger von Kollegen, die die Veranstaltung mit Endlosfragen in die Länge ziehen.
Stand:
Herr Klinner, Sie gehören der Redaktion Europa des ZDF an und moderieren unter anderem die Sendung „heute in Europa“. Worüber haben Sie sich in dieser Woche in den Medien am meisten geärgert?
Ganz ehrlich: über einige Kollegen – und damit ist wirklich nur die männliche Form gemeint –, die in der bei Phoenix live übertragenen Bundespressekonferenz sitzen und sie durch Endlosfragen künstlich in die Länge ziehen. So wichtig und richtig die BPK auch ist, mir kommt es vor, als würden manche Hauptstadt-Journalisten in ihr eher eine Bühne zur hemdsärmeligen Selbstdarstellung sehen. Spätestens wenn Fragen zu Co-Referaten geraten und am Ende deutlich länger ausfallen als die Antworten der Ministeriumssprecher, dürften selbst dem informationshungrigsten Beobachter die Augen zufallen. Aber auch das ärgert mich: die Masken- und Phrasenhaftigkeit, mit der Ministeriumsvertreter immer wieder berechtigte Fragen der Journalistinnen und Journalisten stoisch abprallen lassen.
Worüber haben Sie sich gefreut?
Als gebürtiger Berliner, der im schönen Altmühltal studiert hat, freue ich mich (nicht nur diese Woche) über den Bayernteil der „Süddeutschen Zeitung“. Kleiner Hinweis für alle Berliner: Das ist dort, wo mit Laptop und Lederhose ein Landesvater regiert, der angeblich auf gar keinen Fall Vater des ganzen Landes werden will. Diese Woche jedenfalls will der Bayern-Kolumnist Anzeichen für ein Ende der Coronakrise ausgemacht haben. Weil der gemeine Münchner schon wieder lautstark über kotende Tauben mosert. Und das, obwohl die Columbidae mangels fütternder Rentner zeitweise vom Verhungern bedroht schienen. Nun aber, so hat der Autor beobachtet, sind Münchens Tauben wieder derart gut genährt, dass manch Exemplar kaum noch abzuheben vermag. Ob das in der wahren Hauptstadt, in Berlin, auch so ist?
Was empfehlen Sie aus dem Netz?
Jedes Video des Funk-Kanals „MaiLab“ - etwa zu Bias in der Wissenschaft und zur Glaubwürdigkeit von Wissenschaft allgemein. Nicht nur zur Linderung chronischer Verschwörungstheorien geeignet. Gerade in der Coronakrise bieten die KollegInnen wertvolle Beiträge zur Ent-Trumpisierung des Gehirns. Mein Lieblings-User-Kommentar aus dieser Woche: „Ich glaube lieber einem Wissenschaftler, der sich irrt, als einem Irren, der sich für einen Wissenschaftler hält.“
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