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Die Aliens warten schon. In dem Game „Returnal“ muss der Spieler auf alles gefasst sein.

© Sony Interactive

Rogue-Like-Games: Im Hamsterrad der Vergänglichkeit

In den Zeiten der Pandemie immer erfolgreicher: Games, die die Spieler in einen Kreislauf aus Leben und Tod schicken.

Nach dem Tod geht es einfach weiter. Wieder und wieder und wieder geht es an den Anfang zurück. Ein Kreislauf, der nicht zu durchbrechen scheint, das Immergleiche als Spielprinzip: Das sind sogenannte Rogue-Like-Games, die zurückgehen auf das Spiel „Rogue“ von 1980. Neben prozedural, also vom Computer erstellten Leveln und einem oftmals knackigen Schwierigkeitsgrad ist es vor allem die Repetition, die dieses Genre auszeichnet. Und wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass diese Spiele während der Pandemie noch beliebter wurden.

„Ich weiß noch, wie es war, den Verstand zu verlieren“, sagt die Protagonistin von „Returnal“ nach einem ihrer zahlreichen Tode. Das Spiel ist der nächste große Blockbuster für die Playstation 5 und setzt, wie der Name schon sagt, ganz auf die Mechanik der Wiederholung. Die Spieler steuern die Astronautin Selene, die mit ihrem Schiff auf einem Planeten eine Bruchlandung hinlegt. Fortan müssen sie sich durch Legionen von Alienwesen schlagen, um einem Signal näher zu kommen, das erklären könnte, wieso Selene in einer Schleife gefangen ist, die sie nach jedem Tod wieder im gerade abgestürzten Raumschiff erwachen lässt.

Design der Aliens

„Returnal“ ist ein brachiales Spiel. In seiner Optik, dem Design der Aliens. In seinem Sound, der geradezu einschüchternd sein kann mit kreischenden Wesen und den rauschenden Geräuschen des Planeten. Vor allem aber ist „Returnal“ brachial in dem, was es von den Spielern verlangt: Sie müssen dranbleiben, dürfen sich kaum Fehler erlauben. Sie müssen sich einprägen, wie die Aliens angreifen, müssen die immergleichen Wege gehen, um womöglich an der immergleichen Stelle zu sterben – bis sie genug gelernt haben, um dem Kreislauf ein wenig mehr zu entkommen. Das ist die Herausforderung des Spiels: kein Ende zu erkennen und dranzubleiben. Grandios.

Independent-Spiel "Loop Hero"

„Loop Hero“ erschien Anfang März 2021 und hat sich bereits über 500 000 Mal verkauft. Es ist eines der erfolgreichsten Independent-Spiele des Jahres. Anders als „Returnal“ besticht das Spiel durch eine rudimentäre Pixel-Grafik. Das Zerbrochene, Stückhafte der Welt wird auf einen Blick ersichtlich. Der Held – falls man ihn überhaupt so nennen kann – hat sein Gedächtnis verloren und lebt in einem immerwährenden Loop. Er verlässt ein Lager von zerrütteten Überlebenden (was haben sie überlebt?) und macht sich immer wieder daran, einen im Kreis verlaufenden Weg abzugehen und gegen Monster zu kämpfen (wieso tut er das?). Nach jedem Tod landet er wieder im Lager und muss sich erneut fragen, wer er ist. Das Spiel behandelt Themen wie Vergänglichkeit, die (Un-)Bedeutsamkeit des Lebens und Erinnerung. Es ist ein trübes Spiel, das die Spieler bittet, noch eine Runde zu drehen – vielleicht finden sie ja endlich den Ausgang. Aber dann fragt sich der Held doch immer wieder: „Haben meine Taten irgendeine Bedeutung?“

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Den Ausgang sucht derweil auch Zagreus, Prinz der Unterwelt und Protagonist von „Hades“. Er hat genug von der Tristesse, er möchte an die Oberfläche. Also schnappt er sich eine Waffe und macht sich auf den Weg, die Hölle zu durchqueren, auf dass er das Licht sehen möge. Zagreus wird von den Spielern gesteuert. In seiner Haut mühen sie sich darum, ihre Fertigkeiten zu verbessern: Nach und nach schalten sie neue Waffen frei, lernen neue Attacken, entwickeln kurzum eine Strategie, um mit jedem neuen Start weiterzukommen. Denn auch in „Hades“ ist der größte Bestandteil des Spiels das Scheitern. „Hades“ wurde von einigen Gaming-Medien zum besten Spiel des letzten Jahres gekürt. Wegen der unglaublich gut funktionierenden Spielmechaniken und des belohnenden Gameplays, das das Scheitern eben doch nicht zum großen Frust werden lässt. Aber auch die skurrilen Charaktere der Unterwelt sind es, die „Hades“ auszeichnen und jede neue Runde interessant machen.

Repetition und Unvorhersehbarkeit

Das haben alle drei Spiele, und auch sonst die meisten Rogue-Like-Games, gemein: Sie kreieren einen Gameplay-Loop, einen Kreis der gleichzeitig durch Repetition und Unvorhersehbarkeit gekennzeichnet ist – wird jede neue Runde doch durch eine vom Computer zufällig zusammengestellte Levelstruktur bestimmt. Genauso lassen diese Games die Spieler jedoch auch lernen. Sie mögen es kaum merken, aber in jedem Scheitern steckt auch ein wenig Erkenntnis. In „Returnal“ kommen sie der Wahrheit näher, dem Verstehen, wieso sie auf dem Planeten gefangen sind. In „Loop Hero“ bringt jede weitere Runde neue Rohstoffe, mit denen das Lager ausgebaut werden kann, sich so mehr Menschen ansiedeln können, die sich gegen das Vergessen stemmen. „Hades“ lässt die Nebencharaktere auf das Verhalten der Spieler reagieren. Mal höhnisch, mal verständnisvoll wird ihr Scheitern begleitet.

Von einer Isolation in die nächste

Die aktuelle Tristesse mag gerade diese Spiele für viele interessant machen. Sie zeugen von den andauernden, alltäglichen Anstrengungen und erzählen nicht die strahlende Heldengeschichten, wie man sie sonst so gut aus Videospielen kennt. Die großen Erlösungsstorys scheinen auserzählt. Nun geht es um das Durchhalten im Immergleichen, aus jeder Wiederholung die größtmögliche Erkenntnis herauszuholen. Und freilich passen diese Spiele auch zum Leben im Homeoffice: Sie erlauben die schnelle Runde zwischendurch. Von einer Isolation in die nächste.

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