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Wetten, dass...: Lass das bloß nicht Tom Hanks sehen!

Schlechte Quote und fade Wetten: Auch in seiner sechsten Sendung macht Markus Lanz keine Hoffung auf eine würdige "Wetten, dass…?"-Nachfolge. Und es zeigt sich: Die beste Neuerung des Formates hat Übergewicht.

Für alle, die die Sendung nicht gesehen haben und von einer Kritik zuerst eine Kurzfassung erwarten: Heiner Lauterbach antwortet immer für seine Frau, Kloschüsseln können "Leuchtturm" heißen, Autoreifen riechen würzig, süßlich oder nach Fleischbouillon, und der Rapper "50 Cent" ist ein hervorragender Sidekick für Cindy aus Marzahn.

"Wetten, dass…?" gastierte gestern in Wien. Nur knapp siebeneinhalb Millionen Zuschauer wollten sehen, wie Gastgeber Markus Lanz nach verlorener Stadtwette in Kakao baden musste. Die Wiener hatten es, entgegen Markus Lanz' Vermutung, geschafft, fünfhundert "Harlem-Shake-Videos einzuschicken. Diese Videos sind ein Internetphänomen, bei dem die Protagonisten zunächst in einer Alltagsszene zu sehen sind und dann unvermutet völlig ausrasten. Das ist lustig, hat allerdings seine beste Zeit bereits hinter sich. Das ist eine Gemeinsamkeit von "Harlem Shake" und Wetten, dass…?".

Thomas Gottschalk früher auf der Couch war furchtlos und unberechenbar, das machte es für Gäste und Zuschauer gleichermaßen spannend. Seine extravagante Kostümierung war Programm: Gottschalk war der Hofnarr, der einzige, dem es erlaubt war, sich über den König lustig zu machen. Gottschalk hätte auch dem Papst schlüpfrige Fragen stellen können, ohne das es unangenehm aufgefallen wäre. In jedem Moment konnte irgendetwas explodieren. Lanz hingegen ist ein routinierter Fragensteller, der vielleicht aus Katja Riemann mehr herausgelockt hätte als der DAS!-Moderator Hinnerk Baumgarten, ansonsten aber als biederer Bürokrat seine Moderatorenrolle spielt.

Die Couch-Gespräche, die vor Lanz das Markenzeichen der Sendung waren, sind heute eine zähe Angelegenheit, welche Moderator, Gäste und Zuschauer eher ertragen, als genießen. Überzog Gottschalk, dann war das ok, überzieht Lanz, dann ist das gestohlene Zeit.

Mit Essen spielt man nicht, aber beim ZDF sieht man das offenbar nicht so eng: Markus Lanz bei der Einlösung seiner verlorenen Wette. Er geht baden, nicht nur quotentechnisch.

© dpa

Woran vielleicht auch die Gäste-Mischung nicht ganz unschuldig ist. Peter Weck, Oliver Pocher, Heiner Lauterbach und seine Frau Viktoria, Anna Loos, Michael Bublé. Wen haben wir vergessen? Wenigstens ein bisschen spannend wurde es, als der Rapper "50 Cent" in der zweiten Hälfte der Sendung neben Cindy aus Marzahn Platz nahm. Obwohl der selbstreferentielle Dicken-Humor der Berlinerin schon nach fünf Minuten langweilig ist, wurde einmal mehr deutlich, dass Cindy aus Marzahn die einzig positive Neuerung des Formats ist.

Es fehlt die Spontaneität. Das zeigt sich, wenn Lanz den österreichischen Schauspieler Peter Weck ("Ich heirate eine Familie") auffordert, die Geschichte, die er ihm offenbar vorher erzählt hat, noch einmal zu erzählen, die Geschichte dann aber völlig belanglos ist. Oder wenn er "50 Cent" dazu nötigen will, seine Ghetto-Vergangenheit zum 80. Mal vor einem Millionenpublikum breitzutreten. Oder wenn er "Depeche Mode"-Sänger Dave Gahan zu seiner Gesundheit gratuliert. Gahan hatte in den 90er Jahren massive Drogenprobleme.

Womit wir bei den Höhepunkten der Sendung wären: der zum Schauspieler gewordene Rapper "50 Cent" als Sidekick der Berliner Unterschichten-Lautsprecherin Cindy aus Marzahn war so absurd, dass es sich beinahe deshalb schon lohnte, einzuschalten. Beinahe. Der beste Witz des Abends - und auch das sollte zu denken geben - kam von Oliver Pocher. Als der kanadische Popsänger Michael Bublé wegen verlorener Wette mit Katzenmaske die deutsche Version eines Songs aus dem Musical "Cats" schmettern sollte, warf Pocher ein: "Lass das bloß nicht Tom Hanks sehen." Eine Anspielung auf den Eklat um den Hollywoodschauspieler, der sich bei "Wetten, dass!" letztes Jahr offensichtlich unwohl gefühlt hatte.

Auch Wetten gab es natürlich am Samstagabend, es war allerdings keine dabei, über die Deutschland noch am Montag diskutieren wird: Wettkönig wurde ein Mann, der es schaffte, drei Hämmer jonglierend fünfzehn Nägel in einen Balken zu schlagen. Er landete in der Zuschauergunst knapp vor einem Studenten, der zehn Hubwägen mit einer 180-Grad Drehung in Paletten parkte. Leider nicht erfolgreich waren ein Vater und ein Sohn, die fünf Toiletten am Schließgeräusch ihrer Deckel erkennen wollten. Und ein Mann scheiterte daran, fünf Autoreifen an dem Geruch zu erkennen, den sie beim Schleudern auf der Fahrbahn, dem sogannten "Driften", hinterlassen.

Wenigstens lernten die Zuschauer, dass Autoreifen mitunter nach Fleischbouillon riechen. Moderator Markus Lanz verlor nicht nur die Stadtwette gegen die Wiener, auch die Lanz-Challenge konnte erstmals eine Zuschauerin aus dem Publikum für sich entscheiden.

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