Medien: Lob und Tadel
Am 27. Dezember lief auf dem Sender Vox „Schindlers Liste“, ein Film, über den mit sechs Oscars fast alles gesagt ist.
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Am 27. Dezember lief auf dem Sender Vox „Schindlers Liste“, ein Film, über den mit sechs Oscars fast alles gesagt ist. Nach gut einer halben Stunde fragte ich mich: „Wo bleiben sie, die Spots für AOL, Sekt, Zuckerwerk und Monatshygiene?“ Nach einer weiteren halben Stunde war mir klar, Vox hat etwas gemacht, das andere Privatsender kaum übers Herz gebracht hätten: einen Film von190 Minuten ohne jede Werbeunterbrechung laufen zu lassen. Obwohl ein Gebot von Takt und Pietät, ist diese Programm-Gestaltung keineswegs selbstverständlich. Ich erinnere mich noch an den 11. September, als alle Sender auf etliche hunderttausend Mark Werbeeinnahmen verzichteten: Ab Mitternacht liefen auf RTL 2 und Kabel 1 wieder die unappetitlichen „Ruf an, ruf an!“- Filmchen. Quasi als Schock nach dem Schock. Sicher, diese Schmuddel-Reklame ist vor allem für die kleineren Sender überlebensnotwendig. Doch wie damit umgegangen wird, ist bisweilen zum Kotzen. Auch Vox lieferte einen bitteren Nachgeschmack.
Auf „Schindlers Liste“ folgte eine „Spiegel“-Dokumentation über Schindler mit Zeitzeugen aus dem Krakauer Ghetto – zum Teil noch bedrückender als der Film. Sie endete um 1 Uhr 13 (nach einem vermeintlichen Break), wie sie nie hätte enden dürfen.
Mit 0190. Auch später, als über das Monster Mengele und seine Forschungen an KZ-Häftlingen berichtet wurde, gab es wieder Werbekost der widerlichen Art. Immerhin, der werbefreie Schindler-Film macht vieles wieder wett. Ein Vorschlag: Wie wäre es, die TV-Werbung in Zukunft zu trennen? Spots für seriöse Produkte laufen auf den Öffentlichen, RTL, Sat 1, Pro 7, RTL, Vox, n-tv und N 24. Die Schwabbel-Filmchen werden rübergeschoben zu RTL 2, Kabel 1 und Neun Live. Vor allem bei Neun Live haben sie die Gosse, die sie als Sendeumfeld brauchen. Reinhard Siemes
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