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Thomas Gottschalk debattiert bei Maybrit Illner über die Zukunft des Unterhaltungsfernsehens.

© dapd

Quo vadis, Spaß-TV?: Maybrit Illner und das Unterhaltungsfernsehen

Fernsehen ist im Fernsehen immer ein schwieriges Thema, das betonte Moderatorin Maybrit Illner, und so war es dann auch. Da hilft auch kein Thomas Gottschalk.

Wie geht gutes Unterhaltungsfernsehen? Sie suchten den Gral, die vier Gäste im Berliner Studio, sie suchten die Formel für die perfekte Unterhaltungsshow. Und fanden sie nicht. Kein Wunder. Denn es gibt sie nicht.

Was es gibt, ist die Systemkonkurrenz zwischen netter Unterhaltung, die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen läuft und gemeiner Unterhaltung, die im Kommerzfernsehen kommt. „Wetten, dass..?“ gegen Dschungelcamp. Die nette Show des ZDF geht vielleicht nach der Abdankung Thomas Gottschalks zugrunde. Das gemeine Dschungelcamp war nie so erfolgreich wie jüngst. Quo vadis, Spaß im deutschen Fernsehen? Unaufhaltsam in Richtung „Deutschland sucht den Superstar“ und „Big Brother“?

Aber halt. So nett sind die Alt-Sender mit ihrem Entertainment gar nicht. „Wetten, dass..?“ erinnerte länger schon an den römischen Zirkus. Und jetzt ist da ein Gladiator nur knapp dem Tode entronnen. Nett? Der Wandel ist Thomas Gottschalk wohl bewusst. „Wir haben unsere Unschuld verloren“, sagt er, „der Wurm ist drin.“ Wieso? Wegen der Systemkonkurrenz, die knallhart über die Quote ausgetragen wird. „Da komm ich nicht mehr mit.“

Ute Biernat, Produzentin von "DSDS" und Bohlen-Verteidigerin, lächelt in Siegerlaune. Was sie an Formaten entwickelt, soll Gefühle locken. Was für Gefühle, das erläutert Dschungelcamper Mathieu Carrière: Der Spaß komme einerseits aus dem Sadismus und der Schadenfreude, andrerseits aus der Sympathie. Gottschalk stehe für Sympathie, Bohlen für Sadismus. Im übrigen sei das Dschungel-Camp Bildungsfernsehen. Man lerne viel – über die Tropen und über die Menschen.

"Zeit"-Chef Giovanni di Lorenzo gab zu, Spaß am Camp-Gucken gehabt zu haben, es gebe da authentische Momente. Dann drehte er die Debatte in Richtung Gral. „Das einzige innovative Format im deutschen Unterhaltungsfernsehen war ‚Schlag den Raab’.“ Das sei ein Schlag für das öffentlich-rechtliche Fernsehen, dem di Lorenzo die Treue halten möchte. „Woher kommt die Innovation?“ Niemand weiß es. Die Deutschen kupfern alles ab. Auch das Dschungelcamp stammt aus England. Biernat findet es okay, dass man sich eigene Anstrengung spart, wenn man was einkaufen kann. Diese Einstellung teilt di Lorenzo nicht. Und Gottschalk klagt: „Man hat nicht mehr den Atem, etwas wachsen zu lassen.“

Wettbewerbsdruck erstickt Kreativität. Aber nicht nur Kommerzfernsehen und öffentlich-rechtliches Fernsehen stehen im Wettbewerb, auch Castingshows stecken ihre Kandidaten in Wettbewerbe, die Unterhaltung besteht fast nur noch aus Wettbewerben, das Prinzip des Sports frisst alle andern Spaß-Quellen auf. Niemand weiß, wie man da raus kommt.

Carrière meint, dass das Fernsehen ohnehin bald untergeht und das Internet die Glotze auch in Sachen Unterhaltung beerbt. Seine Tochter schaut gar nicht mehr fern. Biernat setzt dennoch auf Game-Shows. Gottschalk, ganz TV-Grandseigneur auf dem Rückzug, der, falls notwendig, wieder für "Wetten, dass..?" bereitsteht, Gottschalk sinniert über den „intelligenten Irrsinn“ à la Monty Python, der gänzlich ausgestorben sei. Di Lorenzo verlangt experimentelle Formate, denen man Zeit geben müsse. Und Gastgeberin Illner gluckst während der Abmoderation vor 3,93 Millionen Zuschauern derart vergnügt, als könne sie in die Zukunft schauen und als stünde dort geschrieben: Das Fernsehen wird so bald nicht untergehen.

Nur wie es Unterhaltung machen soll, ohne Lebensgefahr heraufzubeschwören oder Dschungel- und Casting-Freaks zu demütigen, das steht nicht dabei.

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