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Kevin Spacey als Frank Underwood in der Serie "House of cards"

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MEDIA Lab: Realität oder Fiktion?

Für das Wissen darüber, wie politische Prozesse ablaufen, können fiktive Geschichten offenbar genauso relevant sein wie die journalistische Berichterstattung.

Wie Politik funktioniert, Entscheidungsprozesse ablaufen und Akteure sich verhalten, wissen die meisten von uns nur aus dem Fernsehen. Häufig ist dabei von Symbolpolitik die Rede, von Aktivitäten, die Politiker deshalb entfalten, weil sie öffentlichkeitswirksam sind, aber geringen Einfluss auf die Lösung des Problems haben. Videoplattformen und TV-Sender haben den Trend erkannt und Serien entwickelt, die das politische Geschäft und die handelnden Personen in den Mittelpunkt authentischer, aber letztlich ausgedachter Geschichten stellen. "The West Wing", "House of Cards" und "Borgen" sind erfolgreiche Beispiele für Formate dieser Art.

Für den politischen Journalismus gilt der Anspruch, das Publikum vielfältig, objektiv und angemessen über das politische Gesehen zu informieren. Die Kommunikationswissenschaftlerin Cordula Nitsch und ihre Kollegen Olaf Jandura und Peter Bienhaus haben eine Studie vorlegt, die die Darstellung von Politik in einer Serie mit der Darstellung im Polit-Magazin vergleicht. Dafür untersuchten sie 60 Beiträge aus „Berlin direkt“ und über 200 Szenen aus der dänischen Serie „Borgen“, mit thematischen Pärchen wie Koalitionsverhandlungen, Staatshaushalt oder Auslandseinsätze des Militärs.

Für fast alle politischen Themen des Magazins ließen sich entsprechende Szenen in der Serie finden. Die vorherrschende Perspektive war ebenfalls vergleichbar: Politische Entscheidungsprozesse standen stärker im Vordergrund als die Inhalte. Bei der Vielfalt der Akteure gab es leichte Vorteile für das Magazinformat, die Serie war stärker auf die Protagonistin fokussiert. Die objektive und ausgewogene Darstellung der politischen Konflikte in der Serie ähnelte stark der politischen Berichterstattung des Magazins.

Für das Wissen darüber, wie politische Prozesse ablaufen, können fiktive Geschichten also offenbar genauso relevant sein wie die journalistische Berichterstattung übers politische Tagesgeschäft. Das gilt nicht für die Meinungsbildung über aktuelle, gesellschaftliche Probleme.

Joachim Trebbe

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