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Medien: Sanierer an die Macht

Jochen Becker führte die „FAZ“ durch gute Zeiten. Dann kam die Krise und mit ihr Wolfgang Bernhardt. Jetzt hat Becker die Zeitung verlassen

„Rambo“. Das ist der Spitzname, den Jochen Becker in der Medienbranche trägt. Bis Montag war Becker Vorsitzender der Geschäftsführung der FAZ-Gruppe. Jetzt hat Wolfgang Bernhardt diesen Posten übernommen, zumindest vorübergehend. Inoffiziell hat Bernhardt diesen Posten schon länger inne. Obwohl es im vergangenen Juni lediglich hieß, der Sanierer Bernhardt werde die Geschäftsführung der „FAZ“ für einige Monate „begleiten und nachhaltig“ unterstützen. Schon damals interpretierten Branchenkenner Bernhardts Berufung als Indiz für die Entmachtung Beckers. Am Montagabend war es soweit. Zwar wurde dem 55-Jährigen ein ehrenvoller Abschied in großer Runde angeboten. Auch sonst sollen sich Aufsichtsrat und Becker mit Respekt und Hochachtung begegnet sein, heißt es. Becker, seit 1992 bei der „FAZ“ und seit 1998 Vorsitzender der Geschäftsführung, zog es vor, sich einzeln von seinen Kollegen zu verabschieden.

Bei der „FAZ“ ist jetzt Wolfgang Bernhardt an der Macht. Der 67-Jährige begann seine Karriere als Rechtsanwalt in Düsseldorf, stieg mit 28 Jahren als Berater beim Flick-Konzern ein, brachte es dort in kurzer Zeit zum Generalbevollmächtigten, sanierte später den Co-op-Konzern und kümmert sich noch bis 2005 um die Finanzen und Haushaltspläne des Vatikans. Seit Januar ist Bernhardt, der am liebsten im Verborgenenen arbeitet, Aufsichtsratsvorsitzender der FAZ-Gruppe. Dieses Amt ruht seit Montag. Helmut Diederich, Vorsitzender des Kuratoriums der Fazit-Stiftung, wird solange den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen, bis ein neuer Geschäftsführer gefunden ist.

In der Dienstagausgabe der „FAZ“ dankte der Aufsichtsrat Becker „für seinen großen Einsatz“ insbesondere für den „gelungenen Start der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Tatsächlich hat sich Becker auch für andere Projekte eingesetzt. Für die FAZ-Business-Radios zum Beispiel oder FAZ.net. Beides ist der FAZ-Gruppe teuer zu stehen gekommen. Becker startete diese Unternehmen in einer Zeit, als es der Zeitung gut ging. Er stand auch hinter der Einführung der „Berliner Seiten“ und war für Neuerungen offen. Sehr spät und erstaunlich überraschend wurden 2002 dann die Verluste bekannt. Sie trafen die „FAZ“ unvorbereitet. Fortan war Becker nurmehr Überbringer schlechter Nachrichten. Bernhardt, ein krisengestählter Sanierer ohne Medienerfahrung, bekam das Sagen. Vieles von dem, was Becker verantwortet hatte, wurde gestrichen, eingestellt, verkauft. Fühlte er sich in seinen Kompetenzen als Vorsitzender der Geschäftsführung beschnitten? Eine offizielle Antwort gibt bei der „FAZ“ niemand, es wird gemauert. Die Auseinandersetzungen zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat sollen seit einem Monat zugenommen haben. Am Montag wurde der Schlussstrich gezogen.

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