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Die Kultursender befinden sich inmitten der Diskussion um Kürzungen.

© IMAGO/Zoonar/Oleksandr Latkun/Bearbeitung: Tagesspiegel

Sparzwang bei den Öffentlich-Rechtlichen: Werden die Kultursender überleben?

Die öffentlich-rechtlichen Sender müssen Geld einsparen. Inmitten der Diskussion um Kürzungen befinden sich die Kultursender. Werden sie überleben? Drei Experten antworten.

Stand:

Der Sparzwang in den öffentlich-rechtlichen Sendern steigt. Inmitten der Diskussion um Kürzungen befinden sich die Kultursender. Werden sie überleben, und wenn ja, welche? Drei Experten schätzen die Lage ein. Alle Folgen „3 auf 1“ finden Sie hier.


Zukünftige Kultur braucht Aufbruch

Es besteht keinerlei Anlass zur Panik. Kultur wird es immer geben, Kultur im Radio wird es immer geben. Die spannende Frage ist: Welche Kultur im Radio, welches Kulturradio soll es geben?

Die aufgeregte Debatte um etwaige Kürzungen und Verschiebungen im Radioprogramm BR 2 und artverwandten Wellen zeigt die wunden Punkte: Da ist einerseits die Arroganz der Senderfürsten, die in den wahrlich kostspieligen Wellen Sparbüchsen für andere Aufgaben sehen.

Da ist andererseits die Arroganz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Festangestellten wie der Freien, die sich Kulturradio genauso vorstellen, wie es immer war und immer noch ist – ein Reservat des Strukturkonservatismus. Das verengt den Horizont, das hat das Publikum zu einer verschworenen Fanbase minimiert.

Zukunft, auch zukünftige Kultur braucht mehr: das Traditionelle, das Gedächtnis – den Aufbruch, die Expedition. Und Versagen ist angezeigt, wenn im althergebrachten Format die althergebrachten Inhalte dominieren. Es braucht mehr und mehr Kultur im Radio, sprich ein Radio, das dem übrigen Radio Kultur beibringt.


Das Kulturradio wird sich entwickeln

Zugegeben, es gibt in unserem Haushalt kein Radio mehr. Bundesliga streame ich auf dem Handy, Radio höre ich nur noch beim Autofahren (drei der Top-10-Stationen sind Kultursender). Natürlich wird es noch sehr lange das Kulturradio geben, so wie es Rezensionen, den Zirkus, Lyrik, Jazz und Papierfotos gibt. Es gibt zahllose Phänomene, die seit gefühlten Ewigkeiten nur noch in Rückzugsgefechte verwickelt und trotzdem nicht auszurotten sind.

Ich brauche Orientierung, möchte wissen, was sich bei Büchern, Inszenierungen, Ausstellungen, Events lohnt und was nicht. Eigene Entdeckungen mache ich sowieso, aber du kannst ja nicht alles selbst entdecken. Radio ist „betreutes Hören“, und was auf dem kaum überschaubaren Feld der Podcasts entsteht, könnte doch eine Art „osmotische Symbiose“ mit dem Radio führen.

Das Kulturradio wird sich im fortwährenden Rechtfertigungsdruck so entwickeln, dass es uns noch lange erhalten bleibt, auch wenn es kaum noch als das erkennbar ist, als was es mal anfing.


Kulturradio muss überraschen und unverwechselbar sein

Ich bin zuversichtlich, dass es in naher Zukunft noch Kulturradios geben wird. Radio und Kultur sind natürliche Verbündete, das Radio ist selbst ein Kulturfaktor.

Wenn die Radiomacher sich auf die großen Qualitäten des Radios besinnen und Diskurs- und Resonanzräume für Kultur schaffen, hat das Kulturradio eine große Zukunft. Das Hörspiel, die dem Radio eigene Kunstform, erlebt derzeit dank Audiotheken und Audioplattformen eine große Nachfrage. Gleiches gilt für Lesungen und für das Gespräch über Kultur, das auch in vielen Podcast-Formaten derzeit neu belebt wird.

Kulturradio sollte die vielfältige Kulturlandschaft nicht nur abbilden, sondern kritisch beleuchten und Denkanstöße geben. Es muss überraschen und unverwechselbar sein. Es lebt von markanten Persönlichkeiten, die die Programme moderieren, die Zusammenhänge herstellen und einzelne Programmpunkte intelligent verknüpfen. Nur dort, wo Kulturradio zum Magazineinerlei verkommt, wo gefällige Musikstrecken gelegentlich durch nichtssagende Moderationen unterbrochen werden, wird es verzichtbar und arbeitet an seiner Abschaffung. 

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