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Medien: Tabubruch, verzweifelt gesucht

Von Sebastian Drews Ein seltsames Showprinzip: Vier Jungs – Ben, Maze, Freddy und Klaus – ziehen durch Deutschland und versuchen dabei, sich irgendwie zu verletzen. Zum Beispiel hängt Maze am Stamm eines Baumes, der gerade gefällt wird.

Von Sebastian Drews

Ein seltsames Showprinzip: Vier Jungs – Ben, Maze, Freddy und Klaus – ziehen durch Deutschland und versuchen dabei, sich irgendwie zu verletzen. Zum Beispiel hängt Maze am Stamm eines Baumes, der gerade gefällt wird. Der Baum schwankt, fällt und begräbt Maze krachend unter sich. Der klettert zufrieden aus dem Geäst hervor: „Ich hab’ mir die Rippe gebrochen. Sportlich!"

„Freak Show“ heißt die Sendung, deren Premiere heute auf MTV ist (16 Uhr). Uschi Glas’ Sohn Ben Tewaag ist der Moderator. In seltener Unsicherheit in moralischen Dingen fragt sich sogar Bild, was bei Tewaags „Erziehung falsch gelaufen ist". „Nichts“, antwortet die Schauspielerin, das sei doch eine „verrückte Show für junge Leute!“

Die „Freak Show“ ist sozusagen die deutsche Übersetzung von „Jackass“, das mit großem Erlolg in Amerika läuft: Da legt sich der überdrehte Johnny Knoxville auf einen Grillrost, um Steaks auf seinem Rücken garen zu lassen. Oder er lässt sich mit einer kugelsicheren Weste mit einer Pistole beschießen. Das klingt geschmacklos, aber Knoxville ist manchmal sehr komisch. Ben Tewaag ist dagegen ganz von Beruf Sohn.

MTV sieht das natürlich anders: Nun gehe es endlich mal wieder so richtig ab im deutschen Fernsehen, kann man auf der Homepage lesen. Zum Beispiel spielen die vier Dart ohne Zielscheibe – sie halten einfach nur den Rücken hin. Stolz zeigt Klaus einen Pfeil, der ihm im Ellbogen steckt. „Bubenstreiche“, sagt MTV-Sprecher Matz Wappmann. Dass gerade im Kanzleramt ein runder Tisch nach dem nächsten stattfindet, um Gewalt in den Medien zu reduzieren, stört ihn nicht. Die Gewalt der „Freak Show“ richte sich nie gegen andere, und „die Leute machen das ja freiwillig und zum Spaß“.

Ein Spaß, der an eine Grenze geht: Mit der „Freak Show“ ist jedenfalls ein fragwürdiger Höhepunkt der „Real-People"-Formate erreicht. Wegbereiter waren Sendungen wie „Big Brother“ oder aktuell „Mission Germany“ auf Pro 7, von der man allerdings bei Pro 7 lieber als „interaktives Abenteuer-Event“ spricht, so Sprecher Frank Heinrichsen. In „Mission Germany“ versuchen die Zuschauer drei Kandidaten aufzuspüren, die zu Fuß quer durch Deutschland unterwegs sind. Ein Kandidat wurde vergangene Woche bewusstlos. Laut Pro 7-Sprecher „war das eine allergische Überreaktion" und habe nichts mit der Belastung der Kandidaten zu tun gehabt. Die Quoten: mittelmäßig.

Wenn die „Freak Show“ auch kein besonderer Quotenerfolg wird, liegt es jedenfalls nicht an der PR. Durch die Scheidungsposse der Familie Glas in der „Bild“-Zeitung ist Ben Tewaag selbst gewissermaßen zu einem Prominenten geworden. Die Gags in der ersten Folge werden aber selbst den hartleibigsten Uschi-Glas-Fan nicht vor dem Fernseher halten. Da legt sich der Sohn, in einem Hundekostüm verkleidet, vor eine Polizeiwache und raucht so lange Wasserpfeife, bis er abgeführt wird. Das mag zwar ein Bubenstreich sein. Komisch ist es nicht.

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