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Erst engagiert, dann gefeuert. Der Umgang des NDR mit Xavier Naidoo war mindestens so fragwürdig wie die Äußerungen des Sängers

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Update

Die "Xavier Naidoo-Story" auf Vox: Warum muss Naidoo vor Naidoo geschützt werden?

Sänger Xavier Naidoo ärgert sich über die scharfen Reaktionen auf seine Nominierung für den ESC. Er sollte sich mehr über die "Xavier Naidoo-Story" bei Vox ärgern

Xavier Naidoo hat die scharfen Reaktionen auf seine Nominierung für den Eurovision Song Contest (ESC) kritisiert. „Wenn es eine Demokratie nicht aushält, dass ein kleiner Sänger aus Mannheim sein Maul aufmacht, dann ist die Demokratie auch nichts wert“, sagte der 44-Jährige in der Musik-Doku „Die Xavier Naidoo-Story“, die am Dienstagabend bei Vox gelaufen ist. Der Musiker hatte monatelang zu den Vorfällen geschwiegen.
Der für den ESC verantwortliche Norddeutsche Rundfunk (NDR) hatte Naidoo im November 2015 ohne den sonst üblichen Vorentscheid als Teilnehmer für den europäischen Musikwettbewerb bestimmt, die Nominierung nach heftiger Kritik aber wieder zurückgezogen. Zahlreiche Prominente wie Wolfgang Niedecken oder Herbert Grönemeyer hatten Naidoo danach unterstützt. Der Musiker ist wegen rechtspopulistischer Äußerungen und Auftritten bei den „Friedenaktivisten Berlin“ und den „Reichsbürgern“ umstritten. Auch der Vorwurf der Homophobie wurde ihm gemacht. Wahr ist, dass der Soulsänger Xavier Naidoo überzeugender auftritt als der Bürger Xavier Naidoo.

Naidoo erwartete Riesenshitstorm

Der offenbar wusste, was ihm mit der ESC-Nominierung durch den NDR bevorstehen würde. „Es war für mich immer klar, dass ich mir nicht ganz sicher bin, ob die in der Lage sein werden, mich auch wirklich durchzuboxen. Ich wusste natürlich, es wird einen Riesenshitstorm geben“, erklärte Naidoo in der Vox-„Story“. Er habe sich aber auf den Wettbewerb gefreut und hätte sich „richtig reingekniet“, sagte er. Nach dem Debakel um Naidoo ließ der NDR in einem Vorentscheid zehn Musiker um das ESC-Ticket für Deutschland antreten. Die Gewinnerin, Jamie-Lee Kriewitz, landete beim Song Contest vor eineinhalb Wochen auf dem letzten Platz. „Die Xavier Naidoo-Story“ ist am Dienstag nach einer weiteren Ausgabe der Vox-Show „„Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ gelaufen, in der Naidoo als Gastgeber auftritt. Das hat System: Der gelungenen Show, in der die Hits einzelner Künstler immer von anderem gecovert werden, schließt sich stets eine „Story“ an. Die Beiträge sind sehr freundlich im Ton und dermaßen der jeweiligen Künstlerpersönlichkeit zugetan, dass sich der Begriff „Dokumentation“ verbietet – die „Storys“ sind einnehmende, ja parteinehmende Porträts.

Beitrag hört nur Fans und Freunde

Der Beitrag von Harald Woetzel, durchaus ein Kenner, weil journalistischer Wegbegleiter von Naidoo über die Jahre, sucht den Soulpoeten vor allen Vorwürfen dadurch abschirmen zu wollen, dass er nur Fürsprecher und Fans des Künstlers versammelt. Damit ist eine große Gelegenheit verpasst, den „kleinen Sänger aus Mannheim“ in seinen Überzeugungen, in seinen Irrungen und Wirrungen darzustellen. Die „Story“ als Verteidigungsrede weckt den Verdacht, dass Vox Xavier Naidoo so sehr schmeicheln will, dass der seinen angekündigten Rückzug aus der Vox-Show schon morgen wieder zurücknimmt.

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