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Die Pegida-Anhänger lassen bei ihren Demonstrationen auch die Medien nicht aus.

© imago/epd

Pegida und die "Lügenpresse": „Wort im Mund umdrehen“

Nicht nur in Deutschland haben die Medien an Ansehen und Glaubwürdigkeit verloren - Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Donsbach über Pegida und die „Lügenpresse“.

Herr Donsbach, Pegida verweigert sich den Medien. Eine erfolgreiche Strategie?

Auf jeden Fall ist es eine Strategie, sich den Medien zu verweigern. Die Organisatoren von Pegida wussten sicher genau, dass dann ihre Medienverweigerung zu einem weiteren Thema wird und von der „Lügenpresse“ in Deutschland in allen Medien zu lesen und zu hören ist. Man transportiert auf diese Weise zwar keine Botschaft im Detail, aber drückt sehr erfolgreich die allgemeine Befindlichkeit aus, das heißt die Unzufriedenheit mit der etablierten Politik und den Medien.

Sie leben und lehren in Dresden, der Pegida-Hochburg in Deutschland. Was sagen die Leute, warum drehen sie den Medien den Rücken zu?

Offiziell verbreitet die Pegida, dass man nicht mit den Medien rede, weil sie dem Normalbürger ohnehin das Wort im Mund herumdrehen. So ganz unrecht haben sie damit nicht. Es war – zumindest am Anfang – nicht leicht herauszufinden, was Pegida eigentlich will. Man konnte anfangs lediglich mit großer Empörung erfahren, dass da einige Rechtsextreme auf die Straße gehen. Im Hintergrund steht bei dieser Medienverweigerung für Pegida sicher auch die Tatsache, dass es sich um Menschen handelt, die nicht jeden Tag mit Journalisten reden und in ein Mikrofon sprechen. Die Gefahr, dort sprachlich zu verunglücken oder sich in einer bedenklichen Weise auszudrücken, ist natürlich groß.

Wie sollen Print, Fernsehen, Hörfunk und Online reagieren?

Die Medien haben eine Verpflichtung, über Pegida und ihre Interessen zu berichten. Von daher darf man die Bemühungen nicht aufgeben, an brauchbare Aussagen zu kommen. Im Übrigen wird ja die Strategie inzwischen ein wenig aufgeweicht und der eine oder andere ist zu einem Interview bereit.

Passt das ins Bild einer Umfrage des NDR-Medienmagazins „Zapp“, wonach das Vertrauen der Deutschen in die Medien beträchtlich gesunken ist? In Dresden werden immer wieder Schilder hochgehalten, auf denen steht „Lügenpresse“.

Nicht nur in Deutschland haben die Medien an Ansehen und Glaubwürdigkeit verloren. Wir haben inzwischen neben der Politikverdrossenheit auch eine Medienverdrossenheit. Deren Ursachen sind vielfältig, aber eine besteht sicherlich darin, dass es den Medien oft nicht gelingt und es auch nicht beabsichtigt ist, über die Themen zu berichten, die den Normalbürger interessieren. Der Normalbürger ist oft nicht so, wie ihn sich eine intellektuelle Elite wünscht. Ihn, seine Sorgen und Einstellungen dann aber aus der Berichterstattung auszugrenzen, ist auch kein Weg.

Wolfgang Donsbach
Wolfgang Donsbach

© Steffen Füssel

Muss der Journalismus insgesamt anders arbeiten, berichten und kommentieren?

Mit der vorangegangenen Antwort habe ich auch schon einen Weg vorgezeichnet, wie man anders an Themen herangehen kann. Wir haben in Deutschland die Kultur einer verschärften Political Correctness, die es ungeheuer schwierig macht, Themen, die nicht dem Mainstream entsprechen, ergebnisoffen und ohne gleich die Keule einer illegitimen und unmoralischen Haltung zu diskutieren.

Folgt die festgestellte „Medienverdrossenheit“ einem Zyklus von Auf und Ab oder wird sich der Verdruss weiter verstärken?

Im Moment spricht nicht viel dafür, dass sich die Medienverdrossenheit ändert. Neben der Unzufriedenheit mit den Inhalten bei weiten Teilen der Bevölkerung beobachten wir auch generell eine Abwendung von öffentlichen, politischen Themen, die ja die Mehrzahl der Nachrichten darstellen. Das Desinteresse an oftmals schwierigen und komplexen Themen der Nachrichtenlage – denken Sie an die Euro-Rettung, die Energieversorgung oder die Rentenversicherung – wird dann von der Bevölkerung oftmals damit rationalisiert, dass es sich ohnehin um „Lügen und Manipulation“ handelt. Medienverdrossenheit ist also zumindest zu einem Teil auch eine Rationalisierung für das Desinteresse an Politik und ihren schwierigen Themen.

Die Fragen stellte Joachim Huber.

Wolfgang Donsbach ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Technischen Universität Dresden.

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