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Engagiert. Schauspielerin Iris Berben ist seit 1994 als „Rosa Roth“ im Einsatz (heute, ZDF, 20 Uhr 15). Der erfolgreiche Krimi wird von ihrem Sohn Oliver Berben produziert. Foto: ZDF

© Stephanie Kulbach

Iris Berben: "Zuhause? Das fällt mir schwer"

Die Schauspielerin Iris Berben spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über die Zahl 60, Freundschaft und Gemeinsamkeiten mit ihrer ZDF-Kommissarin Rosa Roth.

Frau Berben, verändert die 60 etwas für Sie? Sie hatten Mitte August runden Geburtstag.

Souverän heißt das, so glaube ich, was man sein muss mit 60. Souverän, gelassen. Ich übe das jetzt mal (lacht).

Ist es vielleicht doch nur eine Zahl?

Ich versuche es für mich nur als Zahl zu sehen, ja. Ich merke trotzdem, dass es eine Markierung ist. Das hat, glaube ich, ein bisschen damit zu tun, dass wir natürlich aus dem Ritual heraus so etwas als eine Markierung sehen. Ich merke auf der anderen Seite, dass das sehr viel mehr von außen wahrgenommen wird, als man es selber wahrnimmt. Und dadurch kommen diese Gedanken, die ich aber sonst auch habe. Ich bin ohnehin jemand, der analytisch mit seinem Leben umgeht. Das ist nicht die 60, die mich nun das Fazit ziehen lässt, sondern das ist ein permanenter Zustand, in dem ich mich befinde: zu analysieren.

Zu analysieren – sich? Die Welt? Das Leben …

… die Endlichkeit – ja, diese Themen. Aber mit 17 habe ich mich schon gefragt: Warum hört Leben auf? Und das frage ich mich heute noch öfter, ich nehme alles viel bewusster wahr. Es ist dieses ewige Missverständnis: Wenn ich sage: „Klar möchte ich für immer leben“, dann wird das verwechselt mit „Forever young“. Ich habe einfach diese Neugierde. Ich hätte Lust zu wissen, wie geht man in zehn Generationen mit unserer Welt um? Das, was ich in dieser kurzen Zeitspanne meines Lebens an Veränderungen mitbekommen habe, ob das politische waren, wissenschaftliche, kulturelle, medizinische, technische, da fragt man sich doch: Wie geht denn das weiter?!

Die zunehmende Rasanz unserer Welt.

Ja, diese Rasanz. Daran denkt man bei der Zahl 60, und jetzt wird auch die Endlichkeit so wahrhaftig, so fassbar.

Vor einiger Zeit lief in der ARD in der Reihe „Deutschland Deine Künstler“ ein gutes Doku-Porträt über Sie. Darin ist auch zu sehen, wie Sie bei Ihrer Mutter in Portugal sind. Ist das dort ein Zuhause für Sie?

Eine wunderbare Frau, sie ist gerade 88 geworden. Eine Antwort über ein Gefühl, wo ich sage, das ist jetzt Zuhause für mich, habe ich nicht. Zuhause, dieser Begriff, der fällt mir schon schwer. Das mag auch schon in der ganz frühen Zeit begründet liegen, diese vielen Umzüge mit meiner Mutter, dieses unstete Leben, die Trennung vom Vater. Ich denke, das ist ja auch etwas, was man mitnimmt. Mir sind da die wenigen Freundschaften, die ich habe, sehr wichtig. Die Menschen, die um mich herum sind. Und in der Arbeit, die ich mit Leuten gerne mache. Da habe ich vielleicht das Gefühl, das ist Zuhause.

In dieser Doku sind Sie viel auf Reisen unterwegs, von Dreharbeiten zu Dreharbeiten. Eine Wanderin zwischen den Welten.

Sie haben vielleicht wirklich Recht, das könnte ich mir als Beschreibung schön als eine Überschrift für mein Leben vorstellen. Ich bin jemand, der eigentlich gerne und viel in Hotels lebt. Hotels sind mir keine Fremdkörper. Ich verbringe ja elf Monate im Jahr in unterschiedlichen Welten. Ich weiß nur nicht, ob ich mir das zu eigen gemacht habe, weil es nicht anders geht, oder ob es tatsächlich etwas ist, was ich lieben gelernt habe, weil es auch mein Naturell ist. Aber ich finde das schön, dieses Wandern, und auch bereichernd.

Für die Dreharbeiten zu „Rosa Roth“ müssen Sie nicht wandern. Die ZDF-Krimireihe wird in Berlin gedreht, wo Sie jetzt auch leben. Nun ist bereits der 27. Film zu sehen. Dabei fällt auf, dass die Figur der Rosa Roth eine sozial engagierte ist, wie Sie es selbst auch sind. Wie viel Iris Berben steckt in Rosa Roth – oder wie wenig?

Man selbst sollte sein Privatleben oder seine Haltung nicht mit Filmrollen verwechseln. Aber: Bei der Rosa Roth ist es ja so, dass wir mit Regisseur Carlo Rola sie konzipiert und dem ZDF angeboten haben. Und damals, zwei oder drei Jahre nach dem Mauerfall, ging es tatsächlich darum, dass darin ein Potenzial steckt, es fast keine Kommissarinnen gab, und wir etwas über die Befindlichkeiten in diesem Land erzählen wollten. Berlin war ein Brennpunkt, ist ein Brennpunkt. Wir haben auch in Israel gedreht, es ging um Neonazis, alte Schuld, neue Schuld. Insofern, was diese spezielle Rolle betrifft, ja, da sind gewisse Parallelen zwischen dieser Figur und mir.

Die Figur der Rosa Roth ist eine sehr klare.

Manche finden sie etwas kühl, oder unterkühlt. Das finde ich nicht. Sie ist eine gerade Person, ja, und ohne viel Firlefanz drumherum. Ich mag ihren Humor, den manch einer gar nicht entdeckt, den man aber sieht, in den Augen, in manchen Blicken. Es ist sicherlich nicht der vordergründige, der laute Humor. Ich finde, dass sie eine Figur ist, bei der du merkst, dass sie auch überfordert ist und nicht auf alles eine Antwort weiß.

Das Interview führte Thilo Wydra.

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