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Er wurde zunächst für tot erklärt: Deutscher Familienvater überlebt Standseilbahn-Unfall in Lissabon
In Portugals Hauptstadt ist die beliebte Standseilbahn „Elevador da Gloria“ entgleist. Die portugiesische Kriminalpolizei meldete zunächst einen toten Deutschen, mittlerweile ist klar: Er lebt.
Stand:
Unter den Todesopfern des Standseilbahn-Unglücks in Lissabon befinden sich doch keine Deutschen. Das stellte die portugiesische Polizei am Freitag klar. Zuvor hatte es bereits aus Berlin geheißen: „Nach Kenntnis des Auswärtigen Amts befinden sich nach aktuellem Stand keine deutschen Staatsangehörigen unter den Todesopfern.“
Es war nicht auszuschließen, dass sich weitere deutsche Staatsangehörige unter den verletzten Personen befanden, hieß es. Nicht alle Betroffenen dürften sich bei der deutschen Botschaft in Lissabon gemeldet habe, womöglich, weil sie nur leichte Verletzungen hatten.
Nicht nur portugiesische Medien wie die Zeitungen „Observador“ und „Correio da Manha“ hatten am Donnerstag berichtet, unter den 16 Toten des Unglücks vom Mittwochabend sei auch ein Deutscher. Dessen Frau sei schwer und das gemeinsame dreijährige Kind leicht verletzt worden.
Auch der Chef der portugiesischen Kriminalpolizei, Luís Neves, hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass „wahrscheinlich“ ein Deutscher unter den Toten sei. Mittlerweile stellte die Kriminalpolizei allerdings in einer Erklärung klar, dass „der deutsche Staatsbürger, der am Donnerstag als eines der Todesopfer gemeldet wurde, sich, wie sich im Laufe der Nacht herausstellte, im Krankenhaus São José befindet”.
Mittlerweile seien alle 16 Todesopfer in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Institut für Rechtsmedizin und Forensik identifiziert: fünf Portugiesen, drei Briten, zwei Kanadier, zwei Südkoreaner, ein Schweizer, ein Ukrainer, ein US-Amerikaner und ein Franzose. Erste Erkenntnisse über die Unglücksursache wollte die portugiesische Polizei am Freitagabend bekanntgeben.

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Die bei Touristen sehr beliebte Standseilbahn „Elevador da Gloria“ war am Mittwochabend aus bisher ungeklärter Ursache entgleist und gegen ein Haus geprallt. Am Tag danach hat die portugiesische Regierung die Angaben zur Opferzahl korrigiert. Es gebe 16 Todesopfer und fünf Schwerverletzte, erklärte Regierungschef Luis Montenegro am Donnerstag.
Zuvor hatte die Lissaboner Zivilschutzbehörde zunächst von 15 und dann von 17 Todesopfern sowie 21 Verletzten gesprochen. Sie korrigierte ihre Angaben schließlich: In der Nacht seien nicht zwei Menschen ihren Verletzungen erlegen, sondern nur einer.
Bürgermeister Carlos Moedas sagte im Interview mit dem Fernsehsender „SIC Notícias“: „Es ist ein schrecklicher Abend für Lissabon, sehr schrecklich.“

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Den ganzen Abend und die Nacht hindurch waren Einsatzkräfte vor Ort. Fernsehbilder zeigten, wie die Bahn auf der Seite lag und stark beschädigt wurde. In Liveübertragungen verschiedener TV-Sender sah man lange Zeit viel Rauch, viele Trümmer. Sirenen heulten pausenlos, die Rettungsteams arbeiteten hektisch und unermüdlich.
Eine Augenzeugin sagte in „SIC Notícias“, die Bahn sei mit lautem Getöse entgleist, die abfallende Straße hinuntergerutscht und gegen ein Gebäude am Restauradores-Platz im Zentrum Lissabons gekracht. „Das war ohrenbetäubend, ich und andere Passanten sind weggerannt.“ Schnell seien Sanitäter und Polizisten an der Unfallstelle gewesen, erzählte die junge Frau, die noch sichtlich mitgenommen war.
Versagten die Bremsen?
Der Nachrichtensender „SIC Notícias“ berichtete unter Berufung auf den Bahnbetreiber, die Lissabonner Verkehrsgesellschaft Carris, als Unfallursache werde ein Versagen der Bremsen vermutet. Die Kriminalpolizei sei mit mehreren Beamten vor Ort und habe bereits Ermittlungen aufgenommen. Einen solchen Unfall mit einer der Standseilbahnen hatte es in Lissabon bisher nicht gegeben.
Das Unternehmen Carris erklärte indessen, dass „alle Wartungsprotokolle“ eingehalten worden seien – insbesondere die für alle vier Jahre vorgeschriebene Generalwartung, die 2022 gemacht worden sei, und die für alle zwei Jahre vorgeschriebene Zwischenwartung, die zuletzt im vergangenen Jahr vorgenommen worden sei.
Die öffentliche Ausschreibung für eine Sanierung der Seilbahn war einem Bericht des portugiesischen Onlineportals „Eco“ zufolge im August aber ohne Auftragsvergabe beendet worden, weil alle Angebote zu teuer gewesen seien.

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Portugals Staatsoberhaupt Marcelo Rebelo de Sousa bedauerte den Unfall „zutiefst“ und forderte, dass der Vorfall „rasch von den zuständigen Stellen aufgeklärt“ werde. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, sprach den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus.
Der „Elevador da Gloria“ wurde im Jahr 1885 eröffnet und ist eine der drei historischen Stadtseilbahnen Lissabons. Er verbindet den zentralen Platz Praça dos Restauradores mit dem höher gelegenen Stadtteil Bairro Alto und legt dabei eine Strecke von rund 200 Metern zurück.
Die Bahn ist heute in erster Linie eine Touristenattraktion, sie wird aber auch von vielen Einheimischen benutzt, für die die Strecke zu Fuß zu steil ist. Einen solchen Unfall mit einer der drei Standseilbahnen, die seit dem 19. Jahrhundert betrieben werden, hatte es in Lissabon bisher nicht gegeben. (AFP/dpa/Tsp)
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