Panorama: Alles im Stau
Binnenschiffer Neumann sitzt wie viele Kollegen wegen der Havarie der „Excelsior“ auf dem Rhein fest
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Als sein Frachtschiff, die „Dilsberg“, von schwarzem Staub eingehüllt wurde, hatte Kapitän Kurt Neumann genug. Eigentlich sollte er am vergangenen Dienstag, seinem 49. Geburtstag, bei schönstem Wetter den Rhein flussaufwärts nach Mainz schippern. Doch nach der Havarie des Frachters „Excelsior“ am Sonntag musste er – gezwungenermaßen – erst einmal im Duisburger Hafen vor Anker gehen.
Die „Excelsior“ hatte bei dem Unglück 32 Container verloren. Der Rhein musste sofort gesperrt werden. Bis Freitagnachmittag waren zwar erst 29 der Frachtbehälter geborgen worden. Dennoch wurde die meistbefahrene Wasserstraße Europas kurz nach 20 Uhr am Abend wieder freigegeben. Nach drei Containern, die durch die starke Strömung abgetrieben worden waren, wurde bis zuletzt noch mit Peilschiffen gesucht, sagte der Sprecher des Wasser- und Schifffahrtsamts Köln, Markus Lehmacher. Am Abend vermuteten die Fachleute, dass die Container entweder von der starken Strömung abgetrieben oder sogar zerstört worden sein könnten.
Als die „Dilsberg“ in den Duisburger Binnenhafen einlief, lagen die Frachter bereits in Dreierreihen nebeneinander. Bis zu 500 Schiffe mussten ihre Fahrt unterbrechen und einen Hafen ansteuern. Neumann hatte das Pech, dass er für seinen Frachter nur noch einen Platz im Schatten einer Kupferhütte ergattern konnte. „Das Schiff war bald ganz schwarz. Da habe ich beschlossen, mir einen saubereren Platz zu suchen, und wir sind nach Krefeld gefahren.“ Mittlerweile blitzt die „Dilsberg“, ein 135 Meter langes und 11,50 Meter breites Containerschiff, das bis zu 2750 Tonnen Ladung aufnehmen kann, aber wieder. Zeit zum Saubermachen hatten Neumann und seine vierköpfige Mannschaft ja. Langeweile kam nicht auf: „ Auf einem Schiff gibt es immer was zu tun. Wir haben den Motorraum gestrichen.“
Neumann, der für die Reederei Karl Seibert mit ständig wechselnder Fracht die Strecke zwischen Antwerpen und Mainz befährt, nimmt die Warterei gelassen. 35 Jahre ist er bereits auf dem Rhein unterwegs. Mit vierzehn hat er als Schiffsjunge angefangen, fünfzehn Jahre später wurde er Kapitän. Nur einmal in all den Jahren als Binnenschiffer sei der Rhein ähnlich lange nicht befahrbar gewesen. „Vor 25 Jahren hatten wir schon einmal eine Sperrung. Sechs Tage“, erzählt Neumann. Im April 1982 war in der Nähe von Unkel ein Schiff in Brand geraten. 63 Container gingen über Bord. Die Besatzung konnte sich damals nur mit einem Sprung in den Rhein retten.
Die Ursache für die Havarie der „Excelsior“ ist immer noch unklar. Spekuliert wird derzeit über ein missglücktes Wendemanöver. Für Kapitän Neumann wäre das als Unglücksursache unverständlich: „Ein Wendemanöver ist eigentlich kein Problem.“ Etwas anderes sei es, wenn sich wegen eines Risses Wasser in der „Excelsior“ befunden habe. „Das schwappt dann von einer Seite auf die andere und es kann passieren, dass ein Schiff beim Wenden umkippt.“ Den finanziellen Schaden kann der Kapitän noch nicht genau abschätzen. „Aber das sind sicherlich mehrere Tausend Euro.“ Und den wird der Reederei auch niemand erstatten, glaubt er. „Das ist höhere Gewalt.“
Und auch wenn die Sperrung aufgehoben wird, hat Kapitän Neumann noch nicht gleich freie Fahrt. „Da wollen dann doch alle sofort wieder raus und es gibt sicher Stau.“ Doch das wäre für Kapitän Neumann zu verschmerzen, Hauptsache es geht bald weiter: „Wir sind Fahrensleute, wir wollen fahren.“
Sebastian Gierke
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