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Beamter schwer verletzt: Polizei erschießt afghanischen Asylbewerber nach Messerattacke
Bei einem Einsatz in Wangen greift ein Afghane einen Polizisten an. Einer seiner Kollegen erschießt den Asylbewerber daraufhin. Für die Bevölkerung besteht nach Polizeiangaben keine Gefahr.
Stand:
Bei einem Einsatz in Wangen im Landkreis Göppingen östlich von Stuttgart ist ein 27-jähriger Mann von der Polizei erschossen worden. Zuvor soll dieser nach dpa-Informationen die Polizeibeamten mit einem Messer bedroht haben. Der Mann wurde mehrfach getroffen und starb trotz sofort eingeleiteter Reanimationsmaßnahmen.
Ein Beamter sei bei dem Vorfall am Donnerstag schwer verletzt worden, befinde sich aber nicht in Lebensgefahr, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamts (LKA) in Stuttgart. Der Erschossene habe bei einem „polizeilichen Routineeinsatz“ ein Messer gezogen. Daraufhin sei es zur Schussabgabe durch Beamte gekommen.
Genauer Ablauf noch unklar
Die Gegend um den Tatort sei weiträumig abgesperrt. Für die Bevölkerung bestehe keine Gefahr, sagte ein Polizeisprecher. Der Tote ist afghanischer Asylbewerber. Der Vorfall ereignete sich, als die Beamten den Mann mit einem Vorführbefehl abholen wollten. Der Mann sollte eine Freiheitsstrafe wegen eines Körperverletzungsdeliktes antreten. Der genaue Ablauf des Geschehens müsse noch ermittelt werden.
Zum Schusswaffengebrauch durch die Polizei habe das LKA die Ermittlungen übernommen. Polizeisprecher Daniel Frischmann sagte der dpa in Wangen: „Die Staatsanwaltschaft Ulm ist zuständig. Im Hintergrund laufen weiterhin Spurensicherungsmaßnahmen und die Absperrung bleibt vorerst bestehen.“
Schusswaffengebrauch durch Polizei in Baden-Württemberg
Nach Auskunft der Deutschen Polizeigewerkschaft ist es in Baden-Württemberg im Jahr 2025 bereits sieben Mal zum Schusswaffengebrauch durch die Polizei gekommen. Erst Mitte April tötete die Polizei mit mehreren Schüssen einen Mann in Hilzingen nahe der Schweizer Grenze, der mit einer Axt auf die Beamten losging.
Wenige Tage zuvor erschoss ein Beamter in Schramberg südwestlich von Tübingen einen 48-Jährigen, der eine Schusswaffe auf die Polizei richtete und sie auch auf mehrfache Anordnung nicht weglegen wollte.
Im vergangenen Jahr hatte die Polizei in Baden-Württemberg so viele Menschen erschossen wie seit mehreren Jahren nicht mehr - auch wenn die Fallzahlen sehr niedrig sind. Nach Angaben des Innenministeriums setzten 2024 Polizistinnen und Polizisten 13 Mal ihre Schusswaffen gegen Menschen ein. Drei wurden dabei getötet, neun verletzt.
Innenminister und Gewerkschaften verurteilen Angriff auf Beamte
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) verurteilte den Angriff auf die Beamten und warb um Verständnis für deren Waffeneinsatz. „In diesem Land greift man keinen Polizisten mit einem Messer an“, sagte Strobl in Stuttgart. „Wer einen Polizisten mit einem Messer angreift, riskiert sein Leben.“ Der verletzte Beamte erlitt nach Strobls Angaben Schnittwunden.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) reagierte bestürzt: „Wenn Kolleginnen und Kollegen im Einsatz Opfer von Gewalt werden, ist das nicht nur eine persönliche Tragödie – es ist auch ein Angriff auf den Rechtsstaat selbst“, sagte Thomas Mohr, stellvertretender Landesvorsitzender der GdP. Die GdP betonte, wie unberechenbar und gefährlich Einsätze im Polizeialltag sein können – selbst bei vermeintlich routinemäßigen Maßnahmen wie der Vollstreckung eines Vorführbefehls.
Der aktuelle Angriff auf die Polizei zeige erneut, wie die Gewalt gegen Polizeibeamte immer weiter steige, sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Ralf Kusteter. „Immer mehr und mehr werden wir Opfer von Gewalt. Wieder ein Messer.“
Die Politik scheine hilflos oder nicht bereit zu sein, die richtigen Maßnahmen zu treffen. „Wir sind die politischen Bestürzungs-, Beileidsbekundungen und Genesungswünsche leid. Wann wendet sich der Innenminister den Problemen zu – denjenigen, die Messer mit sich führen?“, sagte Kusterer. (dpa/AFP)
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