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Panorama: Bush im Urlaub: Bis zum Horizont ist Texas

Seit 200 Jahren ist das Weiße Haus in Washington das oberste Ziel, auf das Politiker in den USA hinarbeiten. Wer es aber an die Spitze des Staats geschafft hat, scheint seine Meinung in der Regel schnell zu ändern: Viele Präsidenten sprechen dann von einem vergoldeten Gefängnis, einem Zerrspiegel, einer Gerüchteküche.

Seit 200 Jahren ist das Weiße Haus in Washington das oberste Ziel, auf das Politiker in den USA hinarbeiten. Wer es aber an die Spitze des Staats geschafft hat, scheint seine Meinung in der Regel schnell zu ändern: Viele Präsidenten sprechen dann von einem vergoldeten Gefängnis, einem Zerrspiegel, einer Gerüchteküche. "Wie schon andere Präsidenten vor mir hatte ich das dringende Bedürfnis, aus dem Weißen Haus und aus Washington herauszukommen, um meinen Realitätssinn zu behalten", sagte Richard Nixon.

So ähnlich fühlt sich offenbar auch der derzeitige Hausherr, George W. Bush, der gerade auf seiner 640-Hektar-Ranch in Texas vier Wochen Sommerurlaub macht. "Draußen auf dem Land zu sein hilft einem Präsidenten, den Realitätssinn zu bewahren. Ich bin zwar noch nicht so lange Präsident, aber ich kann Ihnen versichern, dass der Realitätssinn wichtig ist", erzählte Bush jüngst.

Sein Heim auf dem flachen Land bezeichnet er als "die wahre Welt". "Washington ist ein wunderbarer Ort, aber nicht gerade das wahre Leben", sagte er einmal. Ein Gegengewicht zur Welt der hohen Politik sei am besten im Herzen der USA zu finden - und dies liegt für ihn in seinem Heimatstaat. "Ich bin Texaner. Dort bin ich aufgewachsen, dort werde ich meinen Lebensabend verbringen, dort werde ich sterben, in Texas." Kritiker, die seine häufige Abwesenheit vom Weißen Haus und seine Aufenthalte in Texas bemängeln, bescheidet er: "Gewöhnt Euch daran. Von hier komme ich."

Hin und wieder verwendet Bush noch deutlichere Formulierungen. Dann spricht er vom Weißen Haus als einem Lager oder Gefängnishof und lässt seine vierjährige Amtszeit wie eine Haftstrafe erscheinen. "Ich leiste meine Zeit in Washington ab und kehre dann heim nach Texas", sagte er in der vergangenen Woche in Albuquerque. Als ihm dort in einer Schulklasse auf die Frage, wo der Präsident zu Hause sei, "Washington" entgegenschallte, schien Bush daher nicht sonderlich glücklich.

Auf die direkte Frage, was ihm denn in der Hauptstadt am wenigsten gefalle, nennt er das politische Haifischbecken. Die Leute dort verfolgten ihre eigenen Interessen und bissen sich schon einmal fest, wenn sie etwas erreichen wollten. Ähnliche Ansichten vertraten auch schon seine Vorgänger. In einer Krise in Washington Präsident zu sein, sagte Lyndon B. Johnson einmal, sei, "wie ein Esel in einem Hagelsturm in der Mitte eines Feldes zu stehen. Er kann nichts machen, außer dazustehen und es über sich ergehen zu lassen". Bill Clinton war offenbar einer der wenigen, die die Zeit im Weißen Haus genossen - trotz der Skandale, die er durchzustehen hatte.

"Dort ist das große weiße Gefängnis", sagte Harry S. Truman auf einem seiner häufigen Spaziergänge außerhalb des schmiedeeisernen Zauns, der den Präsidentensitz umgibt. Und selbst der große George Washington hatte Schwierigkeiten mit seinem Amt: Auf der Fahrt zu seiner Vereidigung habe er sich gefühlt "wie ein Delinquent auf dem Weg zu seiner Hinrichtung", sagte er.

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