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Das große Reinemachen. Einmal im Jahr wird die Wohnung auf Hochglanz poliert.

© privat

Kolumne: Was machen wir JETZT?: Das Frühlings-Ich entdecken

Machst Du Frühjahrsputz? Das fragte Björn Stephan vor zwei Wochen. Unsere Kolumnistin antwortet ihm heute.

Frühjahrsputz – allgegenwärtiges Thema pünktlich zu den ersten Sonnenstrahlen. Es ist eine Zeit des Aufbruchs, des Neubeginns, der Offenbarung. Befreiend für alle, die sich des letzten Trödels von Weihnachten entledigen wollen, schließlich hat der Porzellanaffe auf dem Nachttisch doch nicht so vorteilhaft ausgesehen und mehrere Dates zügig beendet. Solche Staubfänger können eins besonders gut: belasten. Und damit fliegen sie in hohem Bogen Richtung Oxfam oder Humana.

Die Zeit, in der sich mein Frühlings-Ich jedes Jahr neu erfindet, ist auch die Zeit, in der sich Putzmittelhersteller mit Dollarzeichen in den Augen die Hände reiben, wenn ich den Drogeriemarkt meines Vertrauens betrete. Alle Froschs, Biffs, Bangs und Proppers buhlen leuchtend bunt um meine Gunst, schließlich ist der Frühjahrsputz für Wisch- und Bohnerfaule wie mich der einzige Grund, einmal jährlich in Grapefruit-Fliesenreiniger, Lavendel-Kalkentferner oder Mocca-Urinsteinlöser zu investieren.

Frühjahrsputz ist für mich aber mehr als nur das lästiges Wischen und Polieren, nämlich eine Zeit des Wiedersehens und der klugen Investition. Wenn ich etwas verliere, kann ich sicher sein: Der nächste große Putz wird es ans Licht bringen. Also einfach bis März warten und da ist sie wieder, die Goldmünze, die Opa mir vererbt hat, mein Lieblingshaarreif, der hinter der Heizung die Form seiner Umgebung angenommen hat oder die bewusstseinserweiternden Kekse vom letzten Backtag mit den Kommilitonen. Wie gerufen tauchen die Gebäckstücke wieder auf und garantieren den perfekten Putzrausch.

Was ich während des letzten Jahres getreu dem Motto „Tür auf – rein – Tür zu“ in meinem Schrank „verstaut“ habe, fällt mir nun entgegen. Und da ich einmal im Jahr nicht nur meine Wohnung kernsaniere, sondern auch mich selbst, folgt dem reinlichen der textile Frühjahrsputz. Da glüht die Ebay-Leitung und das erwirtschaftete Geld wird sofort in mein „neues Ich“ investiert. Süß und rüschig war letztes Jahr – 2012 bin ich endlich erwachsen, zumindest will ich so aussehen.

Beim Frühjahrsputz geht es nicht ums Saubermachen. Es geht um Wehmut und Freude, wie beim Neujahrsvorsatz, nur mit mehr Spaß. Man putzt nicht nur seine Umgebung, sondern auch Pläne, Gedanken, unschöne Gewohnheiten, um zu guter Letzt mit dem Küchenboden um die Wette zu blitzen. Bis zum nächsten März.

Björn, bist du ein Landei?

Nächste Woche antwortet an dieser Stelle Björn Stephan.

Constanze Bilogan

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