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Wir müssen REDEN (31): Das Leben ist kein Kinderspiel

Wärst du gerne wieder Kind? Das fragte Ric Graf vorigen Freitag. Elena Senft antwortet – und hat ein tolles Kinderfoto aus der Kiste gekramt.

Eigentlich behaupten ja alle Leute in gewissen Situationen, sie würden unheimlich gerne wieder Kind sein. Meist fällt diese unüberlegte Behauptung in Situationen, in denen einem alles über den Kopf wächst. Die Lösung für Überforderung scheint im Kindsein zu liegen: Kinder haben als Tagwerk höchstens die Frage zu klären, was Barbie anziehen soll und sie können den restlichen Tag lang Legosteine aufeinander bauen und Mittagsschlaf machen. Und als Kind will auch niemand irgendwas von dir – außer dir mitzuteilen, dass du süß bist oder dich fragen, ob du schon Pipi gemacht hast. Über die Schattenseiten des Kindseins denkt man viel zu selten nach: Ich freue mich oft darüber, dass ich nicht mehr zur Schule und keine Mathearbeiten mehr schreiben muss. Und darüber, dass ich meine Eltern nicht mehr überreden muss, mir teure Markenjeans kaufen, deren seitliche Beinnähte ich anschließend sofort an der Innenseite etwa fünf Zentimeter weit auftrenne um nicht auf dem Schulhof gemobbt zu werden. Ich freue mich außerdem, dass ich in keinen Kindergarten, keinen Hort und keinen Förderunterricht mehr gehen muss, dafür aber so oft ich will zu McDonald’s. Dazu wird ja ständig behauptet, Kinder würden immer die Wahrheit sagen. Ich zumindest habe nie mehr so viel gelogen wie als Kind. In der Schule habe ich behauptet, ich würde festes Mitglied der Tänzergruppe der Mini-Playback-Show sein und im Kindergarten erzählte ich, meine Eltern hätten so viel Geld, dass ich jeden Morgen im Taxi zum Kindergarten gebracht würde. In Wirklichkeit wurde ich nur oft von einem befreundeten Vater mitgenommen, der von Beruf Taxifahrer war und seinen Dienst antrat nachdem er uns mit seinem Taxi am Kindergarten abgeliefert hatte. Meine Eltern habe ich als Kind ständig angelogen. Das mache ich heute nicht mehr. Höchstens dann, wenn meine Mutter mich fragt, ob ich mich bereits informiert hätte, welches Modell der privaten Altersvorsorge in meiner Situation das passende sei und ob ich ihr das mal erklären könne. Dann bekomme ich plötzlich Kopfweh und muss aufhören zu telefonieren. Und dann wünsche ich mir, wieder Kind zu sein. Aber nur kurz.



Ric, wie sieht deine Zukunft aus?

Nächsten Freitag antwortet Ric Graf wieder an dieser Stelle.

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