Panorama: Der Junge am Klavier
Elton John wird 60 – und feiert zugleich sein 40-jähriges Bühnenjubiläum
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Sein Fünfzigster war prachtvoll. Elton John kam als Sonnenkönig Ludwig XIV., und das Kostüm war so voluminös, dass er mit einem Möbelwagen zu seiner Party vorfahren musste. Was immer es nun zum 60. Geburtstag an diesem Sonntag sein wird – gefeiert wird nach einem Konzert im New Yorker Madison Square Garden –, bescheiden dürfte das Outfit des erfolgreichsten Solostars der britischen Popgeschichte kaum ausfallen.
Zurückhaltung ist nicht Elton Johns Sache. Noch als Teenager beschloss er, die Minderwertigkeitskomplexe einfach abzulegen, die ein Dasein als eher klein und etwas rundlich geratener schwuler Brillenträger namens Reginald mit sich brachten. Seitdem gehörten Federboas, Plateauschuhe und leuchtende Perücken zu seiner Ausstattung wie Big Ben zu London. Zum wichtigsten Markenzeichen wurden überdimensionale Brillen. Und für das Namensproblem fand der Sohn eines Hobby-Trompeters und Offiziers der Royal Air Force aus dem Londoner Vorort Pinner auch eine Lösung. In seiner ersten Band „Bluesology“ lieh er sich vom Saxofonisten Elton Dean und vom Sänger John Baldry die Vornamen. 1968 wurde der ganze Reginald Kenneth Dwight in einer Sektlaune während eines Fluges „beerdigt“. Nach der Landung gab es nur noch Elton Hercules John.
Die wohl wichtigste Begegnung seines Lebens hatte der Komponist und Sänger aber schon 1967. Durch eine Zeitungsanzeige kam er mit dem Poeten Bernie Taupin zusammen. Es war der Anfang einer wunderbaren Freundschaft. Und einer der fruchtbarsten professionellen Beziehungen in der Popbranche, die bis heute mehr als 40 Alben hervorbrachte.
Anfangs standen die Beiden unter enormem Druck der Plattenindustrie, die ihnen mindestens zwei Alben pro Jahr abverlangte. Bernie dichtete und Elton komponierte, als wollten sie einen Produktivitätsrekord aufstellen. Damals wurden aus Gesellen Großmeister, denen die Fans viele Hits verdanken. Von „Your Song“ über „Tiny Dancer“, „Crocodile Rock“ oder „Goodbye Yellow Brick Road“ bis zu „Bennie And The Jets“, „Sorry Seems To Be the Hardest Word“ und „Don’t Let The Sun Go Down On Me“, um nur einige zu nennen. Und natürlich 1973: „Candle In The Wind“. Der traurig-schöne Song über Marilyn Monroe klang noch viel trauriger, als Elton John ihn 1997 in der Westminster Abbey sang. Zu „Goodbye England’s Rose“ hatte Bernie Taupin die Anfangszeile für die Beerdigung der Prinzessin Diana umgeschrieben. In dieser Live-Version wurde der Song zur meistverkauften Single aller Zeiten. Nun könnte es erstmals eine Neuaufführung geben. Die Prinzen William und Harry sollen für das Konzert zum zehnten Todestag ihrer Mutter im Wembley-Stadion darum gebeten haben.
Seine Texte versuchte Bernie Taupin stets auf die Gemütslage von Elton hinzudichten. So machte er ihn zum „Rocket Man“, der hoch oben seine Kreise fliegt und beklagt „Es ist einsam auf so einem zeitlosen Flug.“ Zeitlos, das trifft es wohl: Zusammen mit seinem 60. Geburtstag feiert Elton sein 40. Bühnenjubiläum, darunter im Frühsommer mit einem Konzert am Brandenburger Tor. Vier Jahrzehnte – und nach wie vor hat er keine Schwierigkeiten, Stadien zu füllen.
Aber es gab auch Tiefpunkte. 1976 etwa, als das Songschreiber-Duo den Dauerstress sowie kräftigen Alkohol- und Drogenkonsum kaum noch verkraftete und Elton in der Wembley-Arena verkündete „Das soll’s gewesen sein, das war das letzte Album.“ Jedoch hörten sie nicht auf, sondern traten nur kürzer. Und 1983 sang der Star für alle, die Zweifel hatten: „I’m Still Standing“. Das gilt immer noch und nicht nur für die Musik. Seine Landsleute rief er zum aktiven Protest gegen den Irakkrieg auf. Ganz besonders laut verteidigt der „Rocket Man“, der 2005 seine „Homo-Ehe“ mit dem Kanadier David Furnish standesamtlich besiegeln ließ, die Rechte von Schwulen. Kein bisschen weniger selbstbewusst als sein Vorbild, der Sonnenkönig, legte er sich sogar mit den Führern der großen Religionen an. Die sollten gefälligst bald zusammenkommen, wetterte der Popstar kürzlich, und „endlich Frieden auf der Welt schaffen“.
Von Thomas Burmeister, dpa
Das Geburtstagskonzert wird in der Nacht auf Montag ab 2 Uhr 30 live im Internet gezeigt: http://msnpresents.msn. com/eltonjohn/artist.aspx?mkt=de-de.
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