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„Die Kinder haben bei Frau Block häusliche Gewalt erlebt“: Ex-Mann spricht über Überfall und ungebetene Besuche
Während der Silvesternacht 2023/24 wird er überfallen, seine Kinder werden in ein Auto gezerrt. Was dann passierte, dazu schilderte Christina Blocks Ex-Mann vor Gericht erneut seine Sicht.
Stand:
Im Hamburger Landgericht wurde an diesem Mittwoch der Prozess um die Entführung der Kinder der Unternehmerin Christina Block fortgesetzt.
Wenn Stephan Hensel im Gerichtsaal über seine Ex-Frau sprach, nannte er sie nur noch „Frau Block“. Am zehnten Verhandlungstag stand die Aussage des 51-Jährigen im Mittelpunkt.
„Die Kinder haben bei Frau Block häusliche Gewalt erlebt“, betonte er im Landgericht Hamburg. Dänische Experten hätten festgestellt, dass der Junge und das Mädchen davon traumatisiert seien.

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Die Unternehmerin Christina Block hatte die Gewaltvorwürfe immer wieder zurückgewiesen und gesagt, der Vater manipuliere die Kinder. Hensel hatte die Kinder nach einem Wochenendbesuch im August 2021 nicht mehr zur Mutter zurückgebracht. Jahrelang stritten die beiden um das Sorgerecht für die beiden jüngsten ihrer vier Kinder.
Gerichte bestätigten, dass Block das Aufenthaltsbestimmungsrecht hatte und der Vater die Kinder zurückgeben müsse. Die 52-Jährige konnte diesen Anspruch aber in Dänemark nicht durchsetzen. Christina Block soll laut Anklage schließlich den Auftrag zu einer Entführung der Kinder in der Silvesternacht 2023/24 gegeben haben. Sie bestreitet das.
„Es prasselten Schläge auf mich ein“
Stephan Hensel hatte am Dienstag damit begonnen, die Geschehnisse in der besagten Nacht an seinem Wohnort in Süddänemark aus seiner Perspektive zu schildern.
Er berichtete, wie er mit seiner Ehefrau und den Kindern spät am Abend in der Nähe des Cafés Feodora stand, als der Überfall geschah.
„Plötzlich wurde mir die Kapuze ins Gesicht gezogen, ich bekam keine Luft mehr“, erklärte Hensel laut „Bild“ im Gerichtssaal. Die Angreifer hätten versucht, ihm etwas in den Mund zu stecken und ihn geschlagen. „Es prasselten die Schläge auf mich ein“, so Hensel weiter.
Auf Nachfrage der Richterin gab er weitere Details zum Tathergang: „Alle Männer hatten Sturmmasken auf, waren in Schwarz und einheitlich gekleidet. Es waren vier bis fünf Personen. Ich wurde zu Boden gebracht und bearbeitet.“
Nach dem Vorfall sei seine Frau Astrid mit den Kindern in einem dänischen Ort unterwegs gewesen. Dort habe sie die Polizei und einen Porsche gesehen. Laut Hensel soll Astrid gesagt haben: „Das ist doch Delling! Das ist Delling.“ Die Polizei hatte Hensel zufolge den TV-Moderator Gerhard Delling gestoppt, weil die Beamten sein Kennzeichen im Rahmen des Falls kannten.
Sohn hatte Alarmknopf bei sich
Hensel erwähnte laut „Bild“ auch, dass sein Sohn Theo einen Alarmknopf bei sich hatte, den sie aufgrund früherer Entführungsversuche von der Polizei erhalten hatten. „Man kann die Kinder orten und mit ihnen sprechen, so sagte man das uns. Er ist eine Kette, wie so ein Medaillon“, erklärte der Vater.
Im Gerichtssaal wurden Fotos von Beweismitteln und Hensels Verletzungen gezeigt. Die Bilder zeigten Prellungen im Gesicht, Abschürfungen unter der Lippe und eine stark gerötete Schulter. Hensel kommentierte: „Das kommt von den Knien auf meinem Rücken.“
Der Kindsvater berichtete, dass er nach dem Vorfall anderthalb Wochen nur humpeln konnte und sich seitdem in psychologischer Behandlung befindet. Besonders beunruhigend war für ihn die Information der Polizei: „Polizisten sagten mir, es gäbe Erkenntnisse vom dänischen Geheimdienst, mein Leben sei in Gefahr.“

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Schon am Dienstag berichtete er von einem Überfall, bei dem seine beiden jüngsten Kinder gewaltsam entführt wurden. „Ich hatte Todesangst“, sagte Hensel. Er sei zu Boden geworfen und geschlagen worden, während er die Schreie seiner Kinder hörte: „Ich lag dann auf dem Kopfsteinpflaster und hörte die Kinder schreien. Immer wieder schreien.“
„Vielleicht dachten die Kinder, ich sei schon tot. Ich sah die Kinder im Auto“, fuhr Stephan Hensel fort. Er habe mit einem Gegenstand geworfen, doch die Autos fuhren davon.
Hensel: Haus wurde schon vorher beobachtet
Bereits lange vor der Entführung der Kinder seien das Haus und seine Familie von unterschiedlichen Sicherheitsfirmen beobachtet worden, sagt Hensel am Mittwoch. Im November 2022 seien Unbekannte am Haus aufgetaucht, als seine dänische Ehefrau die Kinder gerade zur Schule bringen wollte.
Eine Nachbarin habe angerufen und vor den Unbekannten gewarnt. Er und seine Frau hätten die drei Männer angesprochen und ihnen erklärt, dass die beiden Kindern wegen Gewalterfahrungen nicht zur Mutter zurückwollten.
Unterdessen hätten Nachbarn die Polizei gerufen, die Männer und mehrere weitere Verdächtige in der Nähe festnahm. Dabei habe die Polizei zwei Dolch-ähnliche Messer sichergestellt. Es sei in Dänemark ein Strafverfahren eingeleitet worden, das dann allerdings eingestellt worden sei.
Demonstration zum Haus des Vaters
Im Dezember 2022 habe in der Kleinstadt eine Demonstration stattgefunden, die nach Darstellung von Hensel ein von Christina Block beauftragter Psychologe initiiert hatte. Väterverbände hätten damit auf eine Eltern-Kind-Entfremdung aufmerksam machen wollen. Mit Schildern, auf denen die Namen der beiden Kinder standen, seien sie zu seinem Haus gezogen. Die Demonstration habe ungefähr eine halbe Stunde gedauert, bis die Polizei sie beendete.
Medien seien eingeladen gewesen, aber nicht gekommen. Es sei aber ein Video gedreht worden, das später im Internet zu sehen gewesen sei. Darauf seien der Straßenname am Wohnort und die Kennzeichen der dort stehenden Autos zu sehen gewesen.
Angeklagter israelischer Ex-Polizist ist „schockiert“
Der Anwalt von Tal S., einem der Mitangeklagten, erklärte nach der Verhandlung am Mittwoch vor Journalisten, sein Mandant sei „schockiert“ über Hensels Aussagen.
Tal S. hatte zuvor vor der Strafkammer am Landgericht gestanden, in der Silvesternacht 2023/24 gemeinsam mit weiteren Beteiligten den damals zehn Jahre alten Jungen und das 13-jährige Mädchen gewaltsam aus der Obhut des Vaters in Dänemark entführt zu haben. Der 36-jähriger Israeli sitzt als Einziger in Untersuchungshaft sitzt.
„Mein Mandant war schockiert über das, was er heute gehört hat. Er mag Kinder sehr. Er ist absoluter Gegner von Gewalt gegen Kinder. Wenn er nur ansatzweise gewusst hätte, was an Tatvorwürfen im Raum steht – egal, ob sie zutreffend sind oder nicht –hätte er sich niemals an dieser Aktion beteiligt.“
Tal S. werde dazu am nächsten Verhandlungstag noch einmal ein Statement abgeben, kündigte sein Anwalt an.
Weitere Aussagen im Prozess
Bereits am Dienstag hatte der mitangeklagte Lebensgefährte von Christina Block, Gerhard Delling, ebenfalls ausgesagt. Der ehemalige Sportmoderator betonte, er habe nie etwas Unrechtes tun wollen. „Ich hätte niemals gedacht, dass ich als absolut rechtstreuer Bürger jemals vor Gericht stehen würde“, erklärte der 66-Jährige. Er beschrieb sein enges Verhältnis zu den Kindern und stellte sich als unterstützender Partner von Christina Block dar.

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Delling ist wegen Beihilfe angeklagt. Er soll das Zusammentreffen der Hamburger Unternehmerin mit ihren beiden jüngsten Kindern am 1. Januar 2024 in Baden-Württemberg organisiert und ihre gemeinsame Rückkehr nach Hamburg koordiniert haben. Der damals zehnjährige Sohn und die 13-jährige Tochter waren in der Silvesternacht 2023/24 in Süddänemark entführt worden. Delling wird außerdem verdächtigt, gegenüber Kriminalbeamten falsche Angaben gemacht zu haben.
Zu Beginn übte sich der frühere Sportmoderator Prozessbeobachtern zufolge in Humor. „Normalerweise spreche ich zweimal 45 Minuten. Heute soll es schneller gehen“, sagte er laut „Bild“ im Gerichtssaal.
Unmittelbar darauf habe Delling allerdings ernstere Töne angeschlagen. „Die Kinder liebten ihre Mutter, sie wurden nie geschlagen oder aggressiv behandelt. Das hätte ich niemals akzeptiert“, zitiert die „Hamburger Morgenpost“ den 66-Jährigen. Ohnehin habe er zu den Kindern seiner Lebensgefährtin ein inniges Verhältnis gepflegt. Die einst entführte Tochter habe ihn „Gernhard“ genannt – „weil sie mich so gern hatte“, wie Delling erklärt.

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Seine Erklärung nutzte Delling den Berichten zufolge auch, um sich als fairer und hingebungsvoller Partner zu präsentieren. „Was ich für Christina Block getan habe, hätte ich für jeden Freund getan“, soll er gesagt haben. Er habe Christina Block Mut zugesprochen und versucht, ihre Lage zu verstehen, erklärte der Angeklagte weiter.
Unzählige Menschen hätten Christina Block gesagt, sie würden in einer solchen Lage jedes Mittel in die Hand nehmen, um ihre Kinder wiederzusehen. Die Mutter habe aber auf den beschwerlichen Weg der Gerichte gesetzt. Er habe sie beruhigt, getröstet und aufgebaut. Auf die konkreten Vorwürfe der Anklage ging er nicht ein und wollte auch keine Nachfragen beantworten.
Zugleich betonte er, in seinem Leben „nie etwas Strafbares getan“ zu haben. Er habe sich „immer aus tiefer Überzeugung gegen Gewalt positioniert“.
Ex-Sportmoderator Delling greift Blocks Ex-Mann an
Danach sei Delling zum Angriff gegen Blocks Ex-Mann Stephan Hensel übergegangen. „Mit der Entziehung der Kinder durch den Vater war das fröhliche Familienleben auf einen Schlag vorbei“, wird Delling zitiert. Demnach habe sich der Kindsvater „einmal mehr nicht an das Gesetz gehalten“, als er das digitale Tagebuch seiner Lebensgefährtin an die Presse durchgestochen habe.
„Welcher Vater tut so etwas?“, sagte Delling den Berichten zum Ende seiner Aussage. „Es tut mir leid, was den Kindern vor anderthalb Jahren widerfahren ist. Hätte ich davon Kenntnis gehabt, hätte ich mich aktiv dagegen gestellt.“

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Nachdem Delling seine Aussage beendet hatte, soll im Prozesssaal vereinzelter Applaus aufgebrandet sein. Die Vorsitzende Richterin Isabel Hildebrandt habe das Publikum deshalb ermahnt.
Angeklagte Block-Verwandte: Habe mit Entführung nichts zu tun
Nach Delling hat auch eine angeklagte Verwandte der Unternehmerin ihre Sicht der Geschehnisse geschildert. Die Staatsanwaltschaft wirft der 49-Jährigen Beihilfe vor. Sie habe nichts mit der Entführung zu tun und erst am 1. Januar 2024 erfahren, dass die Kinder wieder zurück in Deutschland seien, berichtete sie unter Tränen im Gerichtssaal.
Sie habe lediglich der Bitte entsprochen, Christina Block und ihre Kinder am 2. Januar abends mit dem Auto am Rande von Hamburg abzuholen und nach Hause zu bringen, berichtete die Verwandte weiter. Die Kinder sollten in dieser Situation jemanden sehen, „dem sie vertrauen“.
Sie habe bis August 2021 ein sehr enges Verhältnis zu den Kindern gehabt. Damals hatte Blocks Ex-Mann den Jungen und das Mädchen nach einem Wochenendbesuch bei sich behalten. Die Kinder seien der Familie „von heute auf morgen entrissen worden“. Es sei kein Kontakt mehr möglich gewesen.
Für sie sei Anfang 2024 klar gewesen, dass die Mutter in diesem Moment das Aufenthaltsbestimmungsrecht hatte, sagte die Angeklagte weiter. Die mutmaßlich für die Entführung verantwortliche Sicherheitsfirma hatte die Kinder nach Süddeutschland gebracht. Die Mutter fuhr nach eigenen Angaben mit der Bahn dorthin, um sie abzuholen.
Die mutmaßlichen Entführer sorgten dafür, dass Block und die Kinder zurückgefahren wurden – aber nicht die ganze Strecke, außerhalb von Hamburg wurden sie abgesetzt. (Tsp/dpa)
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