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Der Angeklagte Taleb al-Abdulmohsen (Mitte) sitzt neben Pflichtverteidiger Thomas Rutkowski (l) in einem kugelsicheren Glaskasten im temporären Gerichtsgebäude des Landgerichtes Magdeburg.

© dpa/Simon Kremer

„Die lügen“: Ex-Kolleginnen beschreiben Magdeburg-Attentäter als inkompetenten Arzt – dann rastet er aus

Frühere Kolleginnen des Weihnachtsmarkt-Attentäters haben diesen vor Gericht als fachlich unzuverlässigen Psychiater bezeichnet. Der Angeklagte soll daraufhin die Fassung verloren haben.

Stand:

Am fünften Prozesstag gegen den Todesfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt waren mehrere Kolleginnen als Zeugen geladen. Der Angeklagte Taleb al-Abdulmohsen arbeitete bis zur Tat als Psychiater im Maßregelvollzug in Bernburg. Bei der Befragung soll der Angeklagte kurzzeitig die Fassung verloren haben, berichtete die „Bild“ in ihrem Liveticker.

Der 51-Jährige war am 20. Dezember 2024 mit einem mehr als zwei Tonnen schweren Mietwagen über den Weihnachtsmarkt gerast. Laut Generalstaatsanwaltschaft Naumburg lenkte er den Wagen etwa 350 Meter weit mit bis zu 48 Kilometern pro Stunde über den Markt. Dabei starben ein Neunjähriger und fünf Frauen, mehr als 300 weitere Menschen wurden verletzt. Al-Abdulmohsen hat die Tat zugegeben.

Stationsleiterin berichtet von Unzuverlässigkeit

Die Stationsleiterin im Maßregelvollzug Bernburg schilderte vor Gericht ein schwieriges Arbeitsverhältnis mit dem Angeklagten. Er sei unzuverlässig gewesen und habe kaum kommuniziert. Sie habe ihn häufig an Termine und Besprechungen erinnern müssen, berichten die „Bild“ und der MDR.

Die Krankenschwester habe zudem von gravierenden Problemen bei der Patientenversorgung berichtet. Der Angeklagte habe einem Patienten mit blutendem Bein angeordnet, dieser könne selbst ins Krankenhaus laufen, berichtet die „Bild“. Erst ein weiterer – von der Stationsleiterin hinzugerufener – Arzt, habe einen Liegendtransport veranlasst.

Auf Nachfrage, ob der Angeklagte Hingabe zu seinem Beruf gezeigt habe, sagt die Zeugin laut „Bild“: „Kann ich nicht beschreiben, weil keine Hingabe erkennbar war. Es gab keinen Austausch mit ihm.“

Angeklagter verliert die Fassung

Als der Angeklagte die Zeugin mit ihrer Schilderung über den Patienten mit blutendem Bein konfrontiert habe, sei er laut geworden, heißt es in dem Bericht. „An diesem Tag ging es allen nur darum, gegen mich zu entscheiden!“, soll er durch den Saal geschrien haben.

Nach der Entlassung der Zeugin habe der Angeklagte eine Erklärung abgegeben. Laut „Bild“ betonte der Angeklagte, er habe nur gewollt, dass der verletzte Patient möglichst schnell in eine Klinik kommt. „Ich war ein guter Arzt, aber die lügen“, soll er gesagt haben. Der Zeugin habe er vorgeworfen, vier widersprüchliche Versionen des Vorfalls geschildert zu haben.

Eine Fachkrankenschwester, die etwa anderthalb Jahre mit al-Abdulmohsen zusammengearbeitet hatte, soll ihn als ruhigen, zurückhaltenden Kollegen geschildert haben, berichtet die „Bild“. Im Kontakt mit den Pflegeteams sei er eher scheu gewesen. Der Umgang sei höflich und auf Augenhöhe gewesen. Sie hätte nicht das Gefühl gehabt, der Angeklagte brenne für seine Arbeit.

Psychotherapeutin will keine Fachexpertise erkannt haben

Die letzte Zeugin an diesem Verhandlungstag – eine Psychotherapeutin – kennt al-Abdulmohsen seit seiner Einstellung vor fünf Jahren, berichtet die „Bild“. Damals sei er als Facharzt für vier Stationen eingestellt worden. Zu Beginn habe er sehr unsicher gewirkt. Seine Sprachkenntnisse seien unterdurchschnittlich gewesen und Fachexpertise sei nicht festzustellen gewesen.

Mit den Jahren habe sich zwar sein Sprachverständnis verbessert, „aber nicht in der Qualität, die ich von einem Facharzt, einem Psychiater erwarten würde“, sagt sie laut „Bild“. Das Verhältnis zu ihrem Kollegen beschrieb sie laut Bericht ebenfalls als distanziert.

Im August 2024 habe sie dem damaligen Leiter des Maßregelvollzugs eine Aussage des Angeklagten gemeldet. „Ich befinde mich im Krieg“, soll er damals gesagt haben. Doch ein klärendes Gespräch mit al-Abdulmohsen habe nie stattgefunden. Nach einer Krankschreibung sei er unverändert zurückgekehrt. „Niemand ahnte, dass er so etwas planen könnte“, zitiert die „Bild“ die Zeugin. (Tsp)

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