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Panorama: Ein Jahr danach - Kanada trauert mit den Hinterbliebenen des Unglücks

Ein Jahr nach dem tragischen Absturz des Swissair-Fluges 111 vor der Küste Kanadas versuchte in dieser Woche die Bevölkerung der Provinz Nova Scotia, die aus aller Welt angereisten Hinterbliebenen der 229 Todesopfer zu trösten. Die dreitägigen Gedenkfeiern am Ort des Absturzes endeten in der Nacht zu Freitag mit einer Feier in Halifax, bei der unter freiem Sternenhimmel eine Schiffsglocke die Minute anschlug, in der die MD-11 in den Atlantik stürzte.

Ein Jahr nach dem tragischen Absturz des Swissair-Fluges 111 vor der Küste Kanadas versuchte in dieser Woche die Bevölkerung der Provinz Nova Scotia, die aus aller Welt angereisten Hinterbliebenen der 229 Todesopfer zu trösten. Die dreitägigen Gedenkfeiern am Ort des Absturzes endeten in der Nacht zu Freitag mit einer Feier in Halifax, bei der unter freiem Sternenhimmel eine Schiffsglocke die Minute anschlug, in der die MD-11 in den Atlantik stürzte.

"Wir müssen versuchen zu akzeptieren, was uns noch immer unbegreiflich erscheint", sagte Kanadas Premierminister Jean Chrétien. Die Schweizer Präsidentin Ruth Dreifuss lobte die spontane Hilfsbereitschaft der Küstenbewohner, die zu Hunderten im Meer nach Überlebenden des Absturzes gesucht hätten. Zirka 800 Hinterbliebene aus 20 Ländern waren nach Nova Scotia gereist, um der gemeinsamen Bestattung von nicht-identifizierten Leichenteilen beizuwohnen und an der Widmung von zwei Denkmälern teilzunehmen.

Das multikulturelle Einwandererland Kanada empfing bei der abschließenden Feier in der Zitadelle von Halifax die weinenden Menschen mit Gebeten und Gesängen aller Religionen. Ein Iman sang, eine Kapelle der Heilsarmee spielte, und ein alter jüdischer Interpret veranlasste mit seiner Gitarrenmusik die gesamte Gemeinschaft zum Mitklatschen. Zwei blonde junge Mädchen aus Schweden, Zwillinge, die ihren Vater verloren hatten, verlasen ein selbstverfasstes Gedicht: "Eine Welle wäscht herauf wie eines Vaters Hand, um ein weinendes Kind zu trösten". Viele der Trauernden hatten trotz der späten Stunde ihre Kinder mitgebracht, die schlaftrunken in ihren Armen lagen.

Die Anteilnahme der Küstenbevölkerung an einer Katastrophe, die sie nur zufällig berührte, ist groß. Es scheint, dass sich hier eine bleibende internationale Solidargemeinschaft zusammengefunden hat. Nicht zuletzt gefördert durch Ministerpräsident Jean Chrétien: "Betrachtet die Kanadier als Eure Familie und Kanada als Euer Zuhause", bot er den Trauernden in der Nacht zu Freitag an. "Merci, merci - I love you", sagte einer der Redner, der für die Familien der Hinterbliebenen sprach. "Die Menschen hier haben es für mich leichter gemacht", beteuerte eine Amerikanerin, die durch den Absturz ihre Eltern verloren hat.

Die Bergung der Flugzeugtrümmer und die Untersuchung der Absturzursache haben Kanada bislang umgerechnet rund 79 Millionen Mark gekostet. Feststeht, dass sich - wahrscheinlich durch einen Elektrokabelbrand - ein Feuer in der hochbrennbaren Deckenverkleidung des Cockpits immer weiter vorfrass. Die Schweizer Piloten, die zuerst den Rauch bemerkten, flogen aber nicht sofort den Flughafen in Halifax zur Notlandung an, sondern drehten eine Schleife, um Treibstoff abzulassen und nach Vorschrift die Checkliste durchzugehen.

Die bislang zurückhaltende Kritik an diesem "humanen Faktor" in der Unglückskette nimmt zu. Am vergangenen Donnerstag widmete eine führende Zeitung Kanadas dem Aspekt schweizerischen "Festhaltens an Paragraphen" eine eigene Seite. Swissair hatte kurz nach dem Unfall betont, die vollbeladene Maschine hätte nicht umgehend notlanden können. Sowie die Ermittlungen sich genauer mit dem Verhalten der Piloten beschäftigen, sollen Simultanlandungen genauere Aufschlüsse bringen.

Barbara Halsig

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